Koptisch-Orthodoxe Kirche
Anzahl der Gläubigen | ca. 12 Millionen, davon etwa 2 Millionen in der weltweiten Diaspora |
Titel des Ersthierarchen | Papst von Alexandrien und Patriarch des Stuhles des hl. Markus |
Sitz des Ersthierarchen | Kairo (Ägypten) |
Aktueller Amtsinhaber | Tawadros II. (Soliman), geb. 1952, im Amt seit 2012 |
Bischöfe und Diözesen | 119 Bischöfe; 89 Diözesen, davon 57 in Ägypten, 5 weitere auf dem afrikanischen Kontinent, 14 in Europa, 11 in Amerika und 2 in Australien |
Ritus | alexandrinisch |
Liturgiesprache | koptisch (bohairisch) und arabisch |
Kalender | julianisch |
Präsenz in Österreich | ca. 8.000 Gläubige; 1 Bischof mit Sitz in Wien; 1 Kloster in Niederösterreich; 7 Gemeinden, 12 Priester |
Präsenz in Deutschland | ca. 20.000 Gläubige; 2 Bischöfe mit Sitz in den koptischen Klöstern in Höxter-Brenkhausen und Waldsolms-Kröffelbach; 45 Gemeinden; 12 Priester |
Die Koptisch-Orthodoxe Kirche steht in der Tradition des frühchristlichen Patriarchats von Alexandrien. Ihr Name leitet sich von der arabischen Bezeichnung für Ägypten „dar al Qibt“ (Heimat der Ägypter) ab. Das deutet darauf hin, dass Ägypten ein christliches Land war, als die Araber es im 7. Jahrhundert eroberten. Als Kopten werden heute jene Christen Ägyptens bezeichnet, deren Ursprünge auf die alexandrinische Kirche zurückgehen und die nach dem Konzil von Chalcedon zu dessen Gegnern zählten. Die wenigen Anhänger des Konzils von Chalcedon im Bereich des Patriarchats von Alexandrien waren fast alle Griechen (↗ Griechisch-Orthodoxen Patriarchat von Alexandrien).
Bis heute hat der biblische Bericht von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten identitätsstiftende Bedeutung für die koptischen Christen. Auf die frühe christliche Gemeindebildung in Alexandrien lassen auch die biblischen Berichte über den Judenchristen Apollos schließen, der aus Alexandrien stammte und in Ephesus und Korinth missionarisch wirkte (vgl. Apg 18,24; 19,1; 1 Kor 3,4-6). Als Zentrum der antiken Gelehrsamkeit bot Alexandrien einen idealen Nährboden für die frühchristliche Theologie. Bedeutende Kirchenväter wie Klemens von Alexandrien († um 215), Origenes († um 254), Athanasios (328-73) und Kyrill von Alexandrien († 444) hatten maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Theologie im frühen Christentum. Alexandrien war jedoch nicht nur ein Zentrum der Theologie, sondern auch ein Musterbeispiel für gelungene katechetische Arbeit, wovon die erste institutionalisierte Schule für die Unterweisung von Taufbewerbern Zeugnis ablegt. Der zunehmend „volkskirchliche“ Charakter des Christentums führte schon bald zu einer asketischen Gegenbewegung. Die frühchristlichen Asketen flohen aus den Städten in die ägyptische und libysche Wüste. Diese Wüstenväter (und -mütter) bildeten den Ursprung des christlichen Mönchtums.
Unter arabischer Herrschaft (ab 642) bildeten die Christen Ägyptens eine unter Auflagen geduldete Religionsgemeinschaft, die jedoch durch einen latenten Islamisierungsdruck, Sondersteuern und andere Benachteiligungen zunehmend geschwächt wurde. Nach einer wechselvollen Geschichte mit Phasen der Unterdrückung und des Wiederauflebens konnte die Koptisch-Orthodoxe Kirche im 20. Jahrhundert ihre Position im heute mehrheitlich muslimisch geprägten Ägypten festigen. Die Grundlage hierfür legte das koptische Bildungswesen, das den koptischen Christen gesellschaftliche Anerkennung brachte. Das große Engagement der Kopten im Bereich des Schulwesens sowie sozial-caritativer Einrichtungen erfuhr in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Ergänzung durch die Revitalisierung des koptischen Mönchtums sowie des geistlichen Lebens in den Pfarrgemeinden, die vor allem den Aktivitäten des Patriarchen Kyrill VI. (1959-71) zu verdanken sind. Sein Nachfolger Shenouda III. (1971-2012) knüpfte hieran an, setzte jedoch durch sein Engagement im Bereich der Katechese, die Vertiefung der Kontakte mit der weltweiten koptischen Diaspora sowie die Intensivierung der ökumenischen Beziehungen der Koptisch-Orthodoxen Kirche auch eigene Akzente.
Dass ihr Oberhaupt auch als „Papst“ bezeichnet wird, hängt mit der historischen Rolle des Patriarchen von Alexandrien zusammen, der schon früh eine zentrale Rolle in der alexandrinischen Kirche innehatte und deshalb auf Griechisch als „Papas“ (Vater) bezeichnet wurde. Seit 2012 steht Papst Tawadros II. an der Spitze der Koptisch-Orthodoxen Kirche. Er sucht verstärkt die ökumenische Zusammenarbeit wie seine Teilnahme an der Amtseinführung des neuen koptisch-katholischen Patriarchen im März 2013, sein Besuch bei Papst Franziskus im Mai 2013 oder seine Zustimmung zur Gründung eines Ökumenischen Rates der Kirchen in Ägypten zeigen. Der Zusammenhalt der Christen in Ägypten erscheint umso wichtiger, als in den letzten Jahren die Repressalien vonseiten muslimischer Fundamentalisten erneut zunehmen. Ihren vorläufigen Höhepunkt fanden sie in der auch medial verbreiteten Hinrichtung 21 koptischer Christen durch IS-Terroristen im Februar 2015. Die Koptisch-Orthodoxe Kirche ist heute eine weltweite, lebendige Kirche, die angesichts der Minderheitensituation in ihrem Ursprungsland auf die koptische Diaspora zählen kann.
Literatur
- F. u. B. Ibrahim, Kopten in Deutschland, in: Orthodoxie in Deutschland, hg. v. Th. Bremer, A.E. Kattan und R. Thöle, Münster 2016, 219-233.
- M. Hesemann, Jesus in Ägypten. Das Geheimnis der Kopten, München 2012.
- K. Pinggéra (Hg.), Christentum im Schatten von Pyramiden und Minaretten. Beiträge zu Geschichte und Gegenwart der Koptischen Kirche, Hofgeismar 2009.
- W. Boochs (Hg.), Geschichte und Geist der Koptischen Kirche, Langwaden 2004.
- E. Brunner-Traut, Die Kopten. Leben und Lehre der frühen Christen in Ägypten, Freiburg i.Br. 2000.
- A. Gerhards / H. Brakmann (Hg.), Die koptische Kirche. Einführung in das ägyptische Christentum, Stuttgart u.a. 1994.