Pro Oriente
Katholische Ostkirchen / Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche

Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche

Anzahl der Gläubigenca. 5 Millionen
Titel des ErsthierarchenGroßerzbischof von Kiew und Galizien
Sitz des ErsthierarchenKiew (Ukraine)
Aktueller AmtsinhaberSwjatoslaw (Schewtschuk), geb. 1970, im Amt seit 2011
Bischöfe und Diözesen51 Bischöfe; 29 Diözesen und 7 Exarchate
Ritusbyzantinisch
Liturgiespracheukrainisch
Kalenderjulianisch, zum Teil gregorianisch (in der Diaspora)
Präsenz in Österreichca. 8.000 Gläubige; 7 Gemeinden, 11 Priester
Präsenz in Deutschlandca. 80.000 Gläubige; 1 Bischof (Apostolischer Exarch) mit Sitz in München; 60 Gemeinden, 34 Priester

Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche (UGKK) führt ihre Tradition auf die Christianisierung des Kiewer Reiches im 9./10. Jahrhundert zurück. Nach der Zerschlagung dieses Reiches durch die Tataren im 13. Jahrhundert befanden sich die orthodoxen Gläubigen in den westlichen Gebieten der heutigen Ukraine (Galizien und Wolhynien) auf dem Territorium des Polnisch-Litauischen Staates. Nach einer langen Periode friedlicher Koexistenz von Katholiken und Orthodoxen fand im 16. Jahrhundert aufgrund des Vordringens der Reformation in Polen und der von den Jesuiten betriebenen Gegenreformation der Gedanke einer Union von Orthodoxen und Katholiken zunehmend Anhänger. Die auf ein entsprechendes Bittgesuch orthodoxer Bischöfe 1595 von Rom approbierte und 1596 von einer Synode in Brest ratifizierte Union entsprach jedoch nicht der ursprünglichen Intention der Wiederaufnahme von Kirchengemeinschaft zwischen zwei gleichberechtigten Kirchen. Daher gab es unter den orthodoxen Gläubigen von Anfang an Widerstand gegen den Unionsabschluss, so dass es 1620 zur Wiedererrichtung einer orthodoxen Hierarchie mit einem eigenen Metropoliten von Kiew kam.

Infolge der Teilungen Polens am Ende des 18. Jahrhunderts fielen weite Teile des Siedlungsgebiets der unierten Christen an Russland. Dort setzten bald weitreichende Russifizierungsmaßnahmen ein, die 1839 zur Aufhebung der unierten Kirche in Russland und der Eingliederung ihrer Gläubigen in die Orthodoxe oder die Römisch-katholische Kirche führten. Nur in Galizien (der heutigen Westukraine), das seit 1772 zu Österreich und ab 1918 wieder zu Polen gehörte, konnte die unierte, in Österreich als „griechisch-katholisch“ bezeichnete Kirche weiter existieren. Als nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Westukraine der Sowjetunion einverleibt wurde, fand im März 1946 in Lemberg eine illegitime, weil nicht von den Bischöfen einberufene „Synode“ der unierten Kirche statt, die auf Betreiben der sowjetischen Machthaber die Auflösung der Union und die Eingliederung der Gläubigen in die Russische Orthodoxe Kirche beschloss. Sofern sie sich nicht orthodoxen Gemeinden anschlossen, konnten unierte Christen in den folgenden vier Jahrzehnten in der Ukraine nur im Untergrund leben. Zahlreiche Emigranten hielten das Erbe der UGKK jedoch in der Diaspora (vor allem in den USA und Kanada) lebendig.

Als im Dezember 1989 die griechischen Katholiken in der Ukraine wieder das Recht erhielten, offiziell Gemeinden zu registrieren, führte dies zu einer raschen Wiederbelebung des griechisch-katholischen Lebens in der Westukraine, aber auch zu großen Spannungen mit der Orthodoxen Kirche, die in diesen Jahren viele Gläubige an die unierte Kirche verlor. 1991 konnte das Oberhaupt der UGKK aus dem römischen Exil nach Lemberg zurückkehren. 1994 wurde die von den Sowjets geschlossene Theologische Akademie in Lemberg wieder eröffnet; im Jahr 2002 erhielt sie – als erste und bisher einzige auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion – den Status einer katholischen Universität. Seit August 2005 residiert der Großerzbischof in Kiew, wodurch die UGKK ihren Anspruch auf Fortführung der Kiewer Tradition unterstreicht. Während der Majdan-Proteste an der Jahreswende 2013/14 und seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 steht die UGKK klar auf der Seite des ukrainischen Kampfes um Unabhängigkeit und unterstützt die Menschen, die unter den Folgen des Krieges leiden.

Literatur

  • A. Mykhaleyko, Gott auf dem Majdan. Die Rolle der Kirchen in der Ukraine-Krise, Eichstätt 2015.
  • A. Mykhaleyko, Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche, in: ders., Die katholischen Ostkirchen (Die Kirchen der Gegenwart 3), Göttingen 2012, 111-126.
  • Th. M. Németh, Eine Kirche nach der Wende. Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche im Spiegel ihrer synodalen Tätigkeit, Freistadt 2005.
  • F. Heyer / Chr. Weise, Kirchengeschichte der Ukraine im 20. Jahrhundert, Göttingen 2003.
  • W. Wojtowicz, Geschichte der Ukrainisch-katholischen Kirche in Deutschland, Wiesbaden 2000.

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