Tiefe Betroffenheit in Orthodoxer Kirche über Tod von Erzbischof Chrysostomos
Nachfolger des Kirchenoberhaupts von Zypern wird in Wahl ermittelt, an der alle orthodoxen Christinnen und Christen Zyperns teilnehmen können
Nikosia/Istanbul, 08.11.22 (poi) Mit tiefer Betroffenheit hat die Orthodoxie auf die Nachricht vom Tod des Oberhaupts der Orthodoxen Kirche von Zypern, Erzbischof Chrysostomos II., reagiert. Patriarch Bartholomaios I., als Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel Erster unter den orthodoxen Kirchenoberhäuptern, stand im Phanar in Istanbul einem Gottesdienst für den Verstorbenen vor. Würdigungen und Kondolenzschreiben trafen in Zypern u.a. von den Kirchenoberhäuptern Rumäniens, Albaniens oder auch aus den USA ein. In Kiew stand das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche der Ukraine, Metropolit Epifanij, einem Gottesdienst für den Verstorbenen vor. Auch der Weltkirchenrat hat sich in einem Kondolenzschreiben tief betroffen über den Tod des Metropoliten gezeigt, in gleicher Weise auch die Orthodoxe Bischofskonferenz von Österreich.
Der griechisch-orthodoxe Erzbischof von Zypern, Chrysostomos II. (Dimitriou), ist Montagmorgen im 82. Lebensjahr verstorben. Der Gesundheitszustand des Kirchenoberhaupts – der Erzbischof hatte Darmkrebs – hatte sich in den vergangenen Wochen stetig verschlechtert. Er verstarb in seinem Bischofshaus in Nikosia.
Eine ambivalente Botschaft kam am Montag aus Moskau zum Tod des Erzbischofs. Wie aus dem Patriarchat verlautbart wurde, bete Patriarch Kyrill für den Verstorbenen und für die Vergebung dessen "freiwilliger und unfreiwilliger Sünden". Der Moskauer Patriarch bedauere es allerdings, dass die letzten Jahre der Amtszeit von Erzbischof Chrysostomos "von der einseitigen Anerkennung der Schismatiker in der Ukraine überschattet wurde, was sich negativ auf die Beziehungen zwischen der russischen und der zypriotischen orthodoxen Kirche auswirkte".
Der Hintergrund: Chrysostomos II. stand nach einigem Zögern im innerorthodoxen Kirchenstreit zwischen Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel und Patriarch Kyrill von Moskau fest auf der Seite Konstantinopels und hatte die Unabhängigkeit der Orthodoxen Kirche der Ukraine anerkannt. Er hatte auch jene zypriotischen Bischöfe gerügt, die der neuen Kirche und ihrem Oberhaupt Metropolit Epifanij die Anerkennung verweigerten. Ebenso galt der Erzbischof als scharfer Kritiker des von Patriarch Kyrill unterstützten Angriffs Russlands auf die Ukraine.
Chrysostomos II. wurde am 10. April 1941 mit dem bürgerlichen Namen Irodotos Dimitriou in Tala nördlich von Paphos geboren. Mit zwölf Jahren trat er in das Mönchskloster Agios Neophytos von Paphos ein. Nach Abschluss seiner theologischen Studien an der Universität Athen wurde er 1972 zum Abt des Klosters und 1978 zum Bischof von Paphos gewählt. Seit Oktober 2006 war er als Erzbischof von Zypern Oberhaupt der zypriotisch-orthodoxen Kirche.
Der für seine in gesellschaftlichen Fragen konservative Haltung bekannte Geistliche galt als scharfer Kritiker des als "Annan-Plan" bekannten UN-Vorhabens, beide Inselteile wieder zu einem Staat zu vereinigen. Der Plan scheiterte 2004 bei Volksabstimmungen an der Ablehnung der Republik Zypern im Südteil der Insel.
In ökumenischen Fragen galt der Erzbischof hingegen als recht aufgeschlossen. Er war in Vertretung des Vorsitzenden des Heiligen Synods der Kirche von Zypern bei der Beerdigung von Papst Johannes Paul II. in Rom, ebenso wie bei der Inthronisierung von Papst Benedikt XVI. – dieser entsandte im Gegenzug eine Delegation zur Einführungszeremonie von Chrysostomos II. in der Kathedrale von Nikosia.
Am 16. Juni 2007 kam es zur ersten persönlichen Begegnung eines Vertreters der Kirche von Zypern mit einem Papst, als Chrysostomos II. Benedikt XVI. im Vatikan aufsuchte. 2010 empfing dann Chrysostomos II. den Papst in herzlicher Atmosphäre auf Zypern. Erst im vergangenen Dezember konnte er auch Papst Franziskus bei seinem Besuch auf der Insel willkommen heißen. In der Kathedrale von Nikosia kam es zu einer Begegnung des Papstes mit dem Heiligen Synod der orthodoxen zypriotischen Kirche.
Nach dem Tod des Erzbischofs leitet nun Metropolit Georgios von Paphos interimistisch die Orthodoxe Kirche von Zypern, bis ein neues Kirchenoberhaupt gewählt wird. Der Nachfolger im Amt des Erzbischofs von Zypern wird in einem ersten Schritt 40 Tage nach Beginn der Vakanz durch eine Wahl bestimmt, an der alle volljährigen orthodoxen Christinnen und Christen, die seit mindestens einem Jahr auf Zypern leben und in entsprechende kirchliche Wählerlisten eingetragen sind, teilnehmen können. Die drei stimmenstärksten Kandidaten werden dann der Bischofsversammlung von Zypern vorgelegt, die aus diesem Dreiervorschlag das nächste Kirchenoberhaupt wählt.