Theologin: In Orthodoxie keinen Vorschriften gegen Frauendiakonat
Die orthodoxe US-Theologin Teva Regule argumentiert in der neuen Ausgabe des PRO ORIENTE-Magazins, warum es gute Gründe gibt, in der Orthodoxen Kirchen den Frauendiakonat wieder flächendeckend einzuführen
Wien, 2.1.24 (poi) Über die Bestrebungen in der Orthodoxen Kirche, den Diakonat für Frauen wieder großflächig einzuführen, berichtet die orthodoxe US-Theologin Teva Regule in der aktuellen Ausgabe des in Wien erscheinenden PRO ORIENTE-Magazins. Der weibliche Diakonat sei Teil der Geschichte der Orthodoxen Kirche und auch niemals abgeschafft worden, so Regule, die u.a. Präsidentin der Orthodoxen Theologischen Gesellschaft in Amerika (OTSA) ist.
Wie die Theologin schreibt, habe die Weihe der Diakoninnen in früheren Zeiten im byzantinischen Ritus während der Göttlichen Liturgie stattgefunden, und zwar an der gleichen Stelle des Gottesdienstes, an der auch die männlichen Diakone geweiht wurden. Alle Weihegebete und sonstigen Riten machten deutlich, dass es sich um Zeichen der höheren Weihen des Klerus handelte.
Regule: "In der geschlechtergetrennten Gesellschaft von Byzanz kümmerten sich die Diakoninnen um die Frauen, so wie die männlichen Diakone um die Männer. Sie halfen bei der Taufe, brachten die Eucharistie zu denjenigen, die nicht an der Liturgie teilnehmen konnten, vermittelten zwischen den Gläubigen sowie dem Klerus und lehrten, berieten und begleiteten die Gläubigen auf ihrem christlichen Weg - insbesondere diejenigen, die neu im Glauben waren."
Die Weihe wurde um das 12. Jahrhundert herum "nicht mehr gebraucht", schreibt Regule, aber: "Es gibt bis heute keinen Kanon oder eine kirchliche Vorschrift, die sich gegen die Weihe richtet. Heute sind viele Gläubige der Meinung, dass dieser Dienst - insbesondere für die Seelsorge an Frauen (aber nicht ausschließlich) - immer noch gebraucht wird, und wünschen sich seine Wiederbelebung."
Seit mehr als 150 Jahren gebe es Aufrufe zur Wiedereinführung des ordinierten Diakonats für Frauen. Regule verweist auf verschiedene Initiativen und auch einige erste Weihe-Versuche in Griechenland (2005) und Afrika (2017). Im Jahr 1988 habe in Rhodos ein wichtiges Treffen zur Diskussion über die "Ordination von Frauen" stattgefunden. Diese Konferenz wurde vom damaligen Ökumenischen Patriarchen Demetrios I.einberufen, und zwar als Teil der vorkonziliaren Arbeit für das "Große und Heilige Konzil der Orthodoxen Kirche", das schließlich 2016 auf Kreta stattfand. Die Konsultation hätten sich zwar nicht für die Ordination von Frauen ins Priester- oder gar Bischofsamt ausgesprochen, aber erklärt, dass das Amt der Diakoninnen wiederbelebt werden sollte.
Man sei zu dem Schluss gekommen, dass es von der apostolischen Zeit bis in die byzantinische Zeit hinein reichlich Belege für diesen Dienst gibt, dass die Weihe zur Diakonin zu den höheren Weihen zählte, und eine solche Wiederbelebung "eine positive Antwort auf die vielen Bedürfnisse und Anforderungen der heutigen Welt darstellen würde".
Heute wird laut der Theologin weiter daran gearbeitet, diesen Konsens der Kirche zu erhalten. Eine solche Initiative mit Sitz in den USA ist das St. Phoebe Center for the Deaconess. Regule gehört dem Vorstand des Zentrums an. Seine Aufgabe ist es, "die Wiederbelebung des geweihten weiblichen Diakonats zu fördern und im Gebet dafür einzutreten, dass dieser den Bedürfnissen der Kirche und der Welt von heute gerecht wird".
Diejenigen, die für eine Erneuerung dieser Weihe eintreten, "sehen einen großen Bedarf für diesen Dienst im Leben der Kirche", so Regule: "Sie sind in der Lage, zwischen dem diakonischen Dienst und dem des Presbyteriums zu unterscheiden, und sehen darin einen positiven Schritt, um den zahlreichen pastoralen Herausforderungen der Gläubigen und der Welt von heute zu begegnen. Diejenigen, die gegen dieses ordinierte Amt für Frauen sind, fürchteten vor allem, dass die Wiedereinführung dieses Amtes für Frauen zur Ordination von Frauen zum Presbyterium führen wird (was nicht in der Tradition der Kirche steht), und damit aus ihrer Sicht die gesamte rezipierte Tradition in Frage stellt, so Regule.
Frauen in der Maronitischen Kirche
Zwei weitere Beiträge im PRO ORIENTE-Magazin widmen sich ebenfalls der Rolle der Frauen in der Kirche. So berichtet Prof. Souraya Bechealany über aktuelle Entwicklungen in der Maronitischen Kirche, in der vor Kurzem das Grundlagendokument "Die Berufung und Sendung der Frauen in der Heilsökonomie Gottes sowie im Leben der Kirche und der Gesellschaft" verabschiedet wurde. Dieses Dokument sei das erste seiner Art, so die Autorin.
Am 5. März 2022 hatte Patriarch Boutros Rai eine Sondersynode über die Präsenz und Mission der Frauen in Kirche und Gesellschaft eröffnet. Am 9. September 2023 wurde das Grundlagendokument in einer feierlichen kirchlichen Zeremonie veröffentlicht. Und schließlich wurde das Dokument am 10. Oktober 2023 Papst Franziskus überreicht.
Bechealany: "Die Sondersynode über Frauen ist eine Einladung, die gegenwärtige Situation der Frauen zu analysieren, über die menschliche und kirchliche Berufung der Frauen, ihren Platz und ihre Rolle nachzudenken und ihr aktives Engagement zu fördern. Sie zielt auch darauf ab, Frauen zu befähigen, ihre Präsenz und ihre Rolle in Verwaltung, Leitung, Bildung, Liturgie und pastoralem Dienst zu stärken, und eine Beteiligung und Komplementarität in Verantwortung und Entscheidungsfindung in Übereinstimmung mit den biblischen und lehramtlichen Ansichten über Frauen zu erreichen."
Die gesamte Kirche sei heute aufgefordert, "Frauen zu stärken, ihre Rolle neu zu entdecken und ihre kreativen Fähigkeiten in allen Bereichen zu schätzen, insbesondere in den kirchlichen Diensten, in der Leitung und in der Entscheidungsfindung", zeigt sich die Theologin überzeugt.
Bechealany ist Professorin für Ekklesiologie und Ökumene an der Universität St. Joseph in Beirut, Ko-Koordinatorin der Synode über Frauen in der Maronitischen Kirche und Mitglied des Ökumenischen Komitees ihrer Kirche.
Assyrische Diakoninnen
In einem weiteren Beitrag berichtet schließlich die assyrische Expertin Nisha Mary Thomas über Diakoninnen in der Assyrischen Kirche des Ostens in Indien. Diese müssten unverheiratet und mindestens 50 Jahre alt sein. Thomas: "Diakoninnen spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Vikare bei der Taufe erwachsener Frauen, bei der Unterweisung neu getaufter Frauen, bei der Beratung jüngerer Frauen in der Gemeinde und beim Besuch von weiblichen Gläubigen, vornehmlich von Kranken, in ihren Häusern. Während der heiligen Qurbana (Eucharistiefeier) erhalten sie eine besondere Sitzordnung und sind die ersten unter den Frauen, die die heilige Kommunion empfangen."