Syrien: Vor zehn Jahren wurde P. Paolo Dall'Oglio entführt
Gedenkgottesdienst mit Kardinalstaatssekretär Parolin in Rom – Präsentation des neuen Buches "Mein Testament" mit letzten bisher unveröffentlichten Texten des Ordensgründers und Pioniers des christlich-islamischen Dialogs
Rom/Damaskus, 31.07.23 (poi) Vor zehn Jahren wurde der Gründer der Klostergemeinschaft von Mar Musa in Syrien, P. Paolo Dall'Oglio, entführt. Seither fehlt von ihm jede Spur. Dall'Oglio wurde am 29. Juli 2013 in Raqqa entführt, als er in der damals bereits unter Kontrolle von Islamisten stehenden Stadt über die Freilassung der beiden entführten Aleppiner Metropoliten Mor Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos Yazigi verhandeln wollte. Die Hoffnung, ihn lebend zu finden, geht inzwischen gegen Null, sein Tod konnte freilich auch noch nicht bestätigt werden.
Am Wochenende wurde in Rom zum zehnten Jahrestag der Entführung das Buch "Mein Testament" präsentiert. Es enthält die unveröffentlichten Vorträge von Pater Paolo in den Monaten vor seinem Verschwinden. Papst Franziskus hat dazu das Vorwort verfasst. Bislang ist das Buch allerdings nur auf Italienisch erschienen.
Herausgegeben wird das Buch von dem Schweizer Journalisten Luigi Maffezzoli. Im Interview mit Radio Vatikan sagt er am Rande der Präsentation in der Kirche Sant'Ignazio in Rom: "Wir haben diese Publikation gerade deshalb gefördert, weil sich dieser Band nicht nur an eine Gruppe von Menschen richtet, die eine Gemeinschaft gebildet haben, sondern an die gesamte katholische Kirche, da der Inhalt und das Charisma dieser Gemeinschaft einen Weg der Beziehung, des Dialogs mit dem Islam aufzeigt und auch eine Fürsprache für die Beziehung zwischen Muslimen und Christen ist, die denselben Gott haben."
Pater Dall'Oglio habe seiner Klostergemeinschaft wie auch der gesamten Kirche ein spirituelles Testament hinterlassen, "das uns dabei helfen kann, vollständig darüber nachzudenken, welchen Weg wir in unserer Beziehung zum Islam einschlagen sollten", so Maffezzoli. "Ich glaube, dass Pater Paolo heute genau das sagen würde: "Vergessen wir das Geschwätz und die Diskussionen und bezeugen wir stattdessen unsere Liebe zu den muslimischen Geschwistern, denn nur durch diese Art von Beziehung können wir die Ziele von Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit in einem gequälten Land wie Syrien erreichen."
An die Präsentation des Buches, das vom Verlag "ITL Libri" und der Mailänder Erzdiözese herausgegeben wird, schloss sich ein Gedenkgottesdienst für P. Dall'Oglio an, dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin vorstand. Der Kardinal ermutigte die Christen im Nahen Osten, "die Sprache des Himmelreiches, das heißt des Respekts und der Wertschätzung" zu sprechen. Nur so könne die "Logik der Arroganz, des Stolzes, der Waffen, der Diskriminierung und des Krieges" durch eine "Logik der Nächstenliebe und des Mitfühlens" ersetzt werden.
"Um mit den Menschen anderen Glaubens in einen ernsthaften Dialog einzutreten, dürfen wir niemals unsere Identität als Christen verstecken, sondern müssen sie in ihrer wahren Dimension zeigen", so Parolin wörtlich. Parolin gedachte auch der beiden entführten Metropoliten Boulos Yazigi und Youhanna Ibrahim.
An dem Gottesdienst und der Buchpräsentation nahm u.a. auch Pater Jihad Youssef, Nachfolger Dall'Oglios als Oberer der Klostergemeinschaft von Mar Musa teil. P. Paolo Dall'Oglio hatte 1982 das alte Kloster von Deir Mar Musa el-Habashi (Kloster des Heiligen Moses der Abessinier) rund 80 Kilometer nördlich von Damaskus neu gegründete. Im Jahr 1991 rief er eine gemischte ökumenische Gemeinschaft ins Leben, die sich seither vor allem dem Dialog mit dem Islam widmet.