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Relevanter Nahost-Workshop von PRO ORIENTE auf Zypern

Workshop machte Notwendigkeit der Vernetzung aller Kräfte deutlich, die sich für die Wahrung der Würde aller Menschen und für Gerechtigkeit und Frieden jenseits nationaler, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit einsetzen - Workshop-Video auf YouTube-Kanal von PRO ORIENTE erschienen

POI 241028

Foto: Pro Oriente

Wien, 28.10.24 (poi) Vom 10. bis zum 13. Oktober 2024 fand in Nikosia/Zypern ein ökumenischer Workshop für die Nahost-Region statt. Der Workshop musste auf Grund der politischen Entwicklungen von Beirut nach Nikosia verlegt werden und fand in hybrider Form statt, da einige der Teilnehmenden insbesondere aus dem Libanon und aus Palästina nicht anreisen konnten. Ein Kurzvideo mit Impressionen des Workshops ist aktuell erschienen und auf dem YouTube-Kanal von PRO ORIENTE abrufbar (https://youtu.be/gfdKVMaBAVw).

Der Workshop fand im Rahmen des PRO ORIENTE-Projektes "Healing of Wounded Memories" (Verletzte Erinnerungen heilen) statt. Insgesamt nahmen 32 Expertinnen und Experten teil, davon 22 aus den Ländern des Nahen Ostens (Ägypten, Irak, Jordanien, Libanon, Palästina und Syrien). Die Teilnehmenden gehörten zu elf verschiedenen Kirchen des Nahen Osten aus vier Kirchenfamilien (orthodox, orientalisch-orthodox, katholisch und evangelisch). Dazu nahmen Vertreterinnen und Vertreter aus den anderen zwei Regionen des Projektes (Südosteuropa und Osteuropa) sowie Mitglieder der PRO ORIENTE-Kommission für katholisch-orthodoxen Dialog teil, die das Projekt initiiert hatte.

"Im Hinblick auf die dramatischen Ereignisse im Nahen Osten war es PRO ORIENTE ein Anliegen, mit dem Workshop auf Zypern den Vertretern der verschiedenen Kirchen aus der Region eine Möglichkeit zum Austausch über aktuelle Themen zu geben und unsere Solidarität in diesen so schwierigen Zeiten zu zeigen", so PRO ORIENTE-Präsident Alfons M. Kloss. Angesichts von Krieg, Vertreibung und Leid sei das große Engagement der Teilnehmer für eine gemeinsame christliche Identität im Nahen Osten sowie für ein Leben in Würde für alle Menschen in der Region berührend und beeindruckend zugleich gewesen. Und das jenseits religiöser, ethnischer oder kultureller Zugehörigkeit. Dieses Engagement verdiene "größere Unterstützung durch unsere Kirchen hier im Westen". PRO ORIENTE werde diese Arbeit daher auch in Zukunft nach besten Kräften fortsetzen, so Kloss.

Besuch in der Pufferzone

Gleich zu Beginn der Konferenz wurde im Geist der Geschwisterlichkeit der lokale Kontext in Zypern wahr- und ernstgenommen. Die ökumenisch zusammengesetzte Gruppe besuchte die Pufferzone zwischen dem türkisch besetzten Teil der Insel und der Republik Zypern, in der unter anderem der aus diesem Grund seit 50 Jahren nicht mehr benutzte Flughafen von Nikosia liegt. An der abendlichen Vorführung des von PRO ORIENTE produzierten Dokumentarfilms "Dem Osten zuhören" über Synodalität in den Ostkirchen nahmen auch mehrere der lokalen Kirchenoberhäupter Zyperns teil.

Am folgenden Tag wurden historische und gegenwärtige Kontexte in den Ländern des Nahen Ostens und ihre Auswirkungen auf Erinnerungen und Wunden thematisiert. Drei junge Frauen aus dem Irak, Syrien und Palästina berichteten, was es heißt, in einem Kontext von Krieg und Konflikt zu leben und sich als Christinnen zu engagieren.

Anschließend wurden theologische Dokumente der orthodox-katholischen Annährung, die in den vergangenen Jahren auf offizieller Ebene verabschiedet wurden, daraufhin untersucht, inwieweit sie als Modelle für eine Heilung verwundeter Erinnerungen dienen können. Außerdem wurden die Heilung von Traumata ("trauma healing") sowie Geistliche Begleitung ("spiritual counseling") als wichtige Beiträge zur Heilung verletzter Erinnerungen gewürdigt. Als ebenso notwendig wurde ein offener Dialog mit dem Islam und Judentum hervorgestrichen. Es brauche eine proaktive Vernetzung des Engagements aller, die sich für die Wahrung der Würde aller Menschen, für Gerechtigkeit und Frieden jenseits nationaler, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit einsetzen, hieß es beim Workshop.

Prof. Souraya Bechealany, die frühere Generalsekretärin des Nahost-Kirchenrates und Mitglied des Vorbereitungsteam, hielt in ihrem Resümee fest: "Es ist gewagt und prophetisch, sich die Heilung der verwundeten Erinnerungen vorzustellen, während der Nahe Osten noch blutet! Diese Begegnung hat uns als Jüngerinnen und Jünger Jesu Christi die Möglichkeit gegeben, an diese Heilung zu glauben und sie in Wahrheit zu leben, in der Bewegung des Heiligen Geistes, mit Glauben, Hoffnung und Nächstenliebe."

In die gleiche Kerbe schlug auch der orthodoxe Theologe Prof. Assaad Elias Kattan, ebenfalls Teil des Vorbereitungsteams: "In einem Kontext überschattet von Krieg und politischer Unruhe wies uns dieser Workshop eine andere Richtung: Versöhnung und die Heilung von Erinnerungen sind nicht nur wünschenswert, sondern auch möglich."

Das PRO ORIENTE-Projekt "Healing of Wounded Memories" (Verletzte Erinnerungen heilen) hat im November 2023 mit einer internationalen Konferenz in Wien seinen Anfang genommen. Rund 50 Teilnehmende aus Europa, den USA und dem Nahen Osten hatten dabei Aspekte einer Theologie der Versöhnung reflektiert, zugleich aber auch konkrete geopolitische Konfliktfelder in der Ukraine, in Südosteuropa und im Nahen Osten in den Blick genommen. Die Themen der Auftaktkonferenz wurden bislang in regionalen Workshops in Bosnien und nun auf Zypern vertieft.

Für die Stiftung PRO ORIENTE ist Viola Raheb für das Projekt federführend mitverantwortlich: "Der Workshop auf Zypern hat deutlich gezeigt, dass die Themen und Herausforderungen sowie die Notwendigkeit zum Engagement hinsichtlich der Heilung verletzter Erinnerungen trotz der jeweiligen Besonderheiten in unterschiedlichen Kontexten ähnlich sind", so Raheb. Daher sei der Austausch zwischen den drei Regionen unerlässlich für die Stärkung des christlichen Engagements im Kontext von verwundeten Erinnerungen. In der Schlusskonferenz im November 2025 wird hierfür daher ganz gezielt der nötige Raum zur Verfügung gestellt, kündigte Raheb an.

Kurzfassungen der Konferenzbeiträge von Zypern werden im PRO ORIENTE-Blog "Verletzte Erinnerungen heilen" ab nächste Woche nach und nach veröffentlicht (vgl. https://www.pro-oriente.at/blog/healing-of-wounded-memories).