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Polen: Staat und Orthodoxie betonen enge Verbundenheit

Festlichkeiten zum 100-Jahr-Jubiläum der Unabhängigkeit der Polnisch-orthodoxen Kirche

POI 241118

Foto: Marek Borawski / KPRP

Warschau, 18.11.24 (poi) Mit einem Festgottesdienst in der Warschauer orthodoxen Kathedrale und einem Festakt im Präsidentenpalast haben Staat und Kirche in Polen in den vergangenen Tagen das 100-Jahr-Jubiläum der Unabhängigkeit der Polnisch-orthodoxen Kirche gefeiert.

Am 13. November 1924 wurde die Autokephalie der Polnisch-orthodoxen Kirche vom Ökumenischen Patriarchen Grigorios VII. anerkannt. Genau 100 Jahre später fand in der Warschauer Kathedrale der große Jubiläumsgottesdienst statt. Metropolit Sawa, Oberhaupt der Polnisch-orthodoxen Kirche, konnte zum Festgottesdienst nicht nur zahlreiche orthodoxe Bischöfe, sondern auch Vertreter der katholischen Kirche und der weiteren im Ökumenischen Rat der Kirchen in Polen vertretenen Konfessionen begrüßen. Auch Staatspräsident Andrzej Duda nahm am Gottesdienst teil.

Die Unabhängigkeit der Kirche habe Stabilität in die Beziehungen zum Staat gebracht, sagte Metropolit Sawa beim Gottesdienst. Die Unabhängigkeit habe auch unter den polnischen orthodoxen Gläubigen die Verbundenheit mit dem polnischen Staat gefestigt, so das Kirchenoberhaupt. Die Polnisch-orthodoxe Kirche informierte über die Feierlichkeiten umfassend auf ihrer Website https://www.orthodox.pl.

Kirchlicher Orden für Präsident Duda

Am 14. November folgte ein Festakt im Präsidentenpalast in Warschau. Präsident Duda unterstrich dabei die historische und kulturelle Bedeutung des Jubiläums. Die Unabhängigkeit der Polnisch-orthodoxen Kirche und der Republik Polen seien eng miteinander verknüpft. Erst die Unabhängigkeit Polens 1918 habe auch für die Kirche die Möglichkeit der Autokephalie mit sich gebracht.

Duda hob besonders den Beitrag der Kirche im Bereich der Bildung und der Bewahrung und Tradierung nationaler Werte hervor. Die Orthodoxe Kirche stärke den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Gemeinwohl und die Einheit des polnischen Volkes.

Metropolit Sawa unterstrich in seiner Rede einmal mehr die engen historischen Verbindungen zwischen Polen und der Orthodoxen Kirche. Das 100-Jahr-Jubiläum bezeuge den Reichtum der Orthodoxie in Polen und den Beitrag der Kirche zum kulturellen und spirituellen Erbe des Landes. Der Metropolit dankte dem Präsidenten auch für seine vielfältige Unterstützung im Rahmen der Feierlichkeiten zum Jubiläum. Als Zeichen der Dankbarkeit überreichte der Metropolit dem Präsidenten eine Marienikone vom Berg Athos und zeichnete ihn mit einem hohen kirchlichen Orden aus.

Das ganze Jahr über fanden aus Anlass des Jubiläums zahlreiche weitere Festgottesdienste sowie liturgische, seelsorgliche und kulturelle Veranstaltungen statt.

600.000 Orthodoxe in Polen

In Polen leben rund 600.000 orthodoxe Christinnen und Christen, die meisten in den östlichen Landesteilen. Die orthodoxen Christinnen und Christen polnischer Abstammung gehörten sehr lange zur Metropolie von Kyiv, die bis 1686 dem Ökumenischen Patriarchat unterstand und danach in das Moskauer Patriarchat integriert wurde. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren sie Teil der Russisch-orthodoxen Kirche.

Mit der Wiedererrichtung Polens als unabhängigem Staat 1918 kam es zu Autokephalie-Bestrebungen der polnischen orthodoxen Bischöfe, die von staatlicher Seite unterstützt wurden. 1921 verlieh der Moskauer Patriarch Tichon der Orthodoxen Kirche von Polen den Autonomie-Status, die vollständige Unabhängigkeit wurde vom Moskauer Patriarchat aber abgelehnt.

Am 13. November 1924 wurde dann aber die Autokephalie der Polnisch-orthodoxen Kirche vom Ökumenischen Patriarchen Grigorios VII. anerkannt. Die Russisch-orthodoxe Kirche widersetzte sich zunächst diesem Schritt; im Jahr 1948 wurde schließlich aber auch vom Moskauer Patriarchat die Autokephalie der Kirche von Polen anerkannt.

In einer bereits im Sommer verbreiteten Erklärung haben die orthodoxen Bischöfe Polens den Gläubigen für ihre Treue zur Kirche gedankt und zugleich an die vielen orthodoxen Geistlichen und Laien erinnert, die im 20. Jahrhundert als Zeuginnen und Zeugen des Glaubens ihr Leben als Märtyrer verloren. Nicht zuletzt aufgrund dieser Glaubenszeugnisse sei die Polnisch-orthodoxe Kirche lebendig und nehme ihren würdigen Platz innerhalb der Weltorthodoxie ein, heißt es in der Erklärung.

Die Bischöfe würdigten auch die gute Zusammenarbeit mit dem polnischen Staat, wenn es etwa um den Religionsunterricht sowie die Seelsorge in Krankenhäusern, Gefängnissen oder beim Militär geht. Unterzeichnet ist die Erklärung vom Kirchenoberhaupt Metropolit Sawa (Hrycuniak) und den weiteren neun Bischöfen der Orthodoxen Kirche in Polen.