Polen: Orthodoxe Kirche seit 100 Jahren unabhängig
Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten mit Wallfahrt zum Heiligen Berg Grabarka - Höhepunkt ist Festgottesdienst am 13. November in Warschauer orthodoxer Kathedrale
Warschau, 27.08.24 (poi) Die Polnisch-orthodoxe Kirche begeht 2024 das 100-Jahr-Jubiläum ihrer Unabhängigkeit. In einer Erklärung haben die orthodoxen Bischöfe Polens den Gläubigen für ihre Treue zur Kirche gedankt und zugleich an die vielen orthodoxen Geistlichen und Laien erinnert, die im 20. Jahrhundert als Zeugen des Glaubens ihr Leben als Märtyrer verloren. Nicht zuletzt aufgrund dieser Glaubenszeugnisse sei die Polnisch-orthodoxe Kirche lebendig und nehme ihren würdigen Platz innerhalb der Weltorthodoxie ein, heißt es in der Erklärung.
Die Bischöfe würdigen auch die gute Zusammenarbeit mit dem polnischen Staat, wenn es etwa um den Religionsunterricht sowie die Seelsorge in Krankenhäusern, Gefängnissen oder beim Militär geht. Unterzeichnet ist die Erklärung vom Kirchenoberhaupt Metropolit Sawa (Hrycuniak) und den weiteren neun Bischöfen der Orthodoxen Kirche in Polen.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten haben bereits am 19. August mit einer Wallfahrt zum Heiligen Berg Grabarka ihren Auftakt genommen. Auf dem Hügel befindet sich eine orthodoxe Kirche, die von Tausenden Votivkreuzen umgeben ist. Deshalb wird der Wallfahrtsort auch Kreuzberg genannt. Im Rahmen der Jubiläumswallfahrt wurden 100 neue Kreuze aufgestellt.
Am 13. November - dem Jahrestag der Autokephalie-Gewährung - findet der zentrale Festgottesdienst in der Warschauer orthodoxen Kathedrale statt. Dazu kommen das ganze Jahr über zahlreiche weitere Festgottesdienste sowie liturgische, seelsorgliche und kulturelle Veranstaltungen in ganz Polen.
In Polen leben rund 600.000 orthodoxe Christinnen und Christen, die meisten in den östlichen Landesteilen. Die orthodoxen Christinnen und Christen polnischer Abstammung gehörten sehr lange zur Metropolie von Kiew, die bis 1686 dem Ökumenischen Patriarchat unterstand und danach in das Moskauer Patriarchat integriert wurde. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren sie Teil der Russisch-orthodoxen Kirche.
Mit der Wiedererrichtung Polens als unabhängigem Staat 1918 kam es zu Autokephaliebestrebungen der polnischen orthodoxen Bischöfe, die von staatlicher Seite unterstützt wurden. 1921 verlieh der Moskauer Patriarch Tichon der Orthodoxen Kirche von Polen den Autonomie-Status, die vollständige Unabhängigkeit wurde vom Moskauer Patriarchat aber abgelehnt.
1924 wurde dann aber die Autokephalie der Polnisch-orthodoxen Kirche vom Ökumenischen Patriarchen Grigorios VII. anerkannt. Die Russisch-orthodoxe Kirche widersetzte sich zunächst diesem Schritt; im Jahr 1948 wurde schließlich aber auch vom Moskauer Patriarchat die Kirche von Polen für autokephal erklärt.