Österreich: Assyrische Kirche strebt Status der Bekenntnisgemeinschaft an
Pfarrer Babisha und Kirchenrätin Geiger geben in neuem PRO ORIENTE-Magazin Einblicke in ihre Kirche, die es in Österreich seit den 1990er Jahren gibt und die nun noch stärker im Land Fuß fassen will
Wien, 07.09.23 (poi) Die Assyrische Kirche des Ostens ist bestrebt, in Österreich den Status einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft zu erlangen. Das hat der örtliche Pfarrer der Kirche, Ninos Babisha, in der aktuellen Ausgabe des PRO ORIENTE-Magazins erklärt. Derzeit bereite man den Antrag vor.
Mit dem Status einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft erlangt eine Glaubensgemeinschaft Rechtspersönlichkeit, hat aber im Unterschied zu den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften nicht die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts.
Die kleine assyrische Kirchengemeinde des Hl. Augin besteht in Österreich seit vielen Jahren. Sie feiert ihre Gottesdienste in Wien in der katholischen Kirche Schönbrunn-Vorpark, die zur Pfarre "Hildegard Burjan" gehört. Eine größere Zahl an Kirchenmitgliedern gibt es auch in Oberösterreich, wo die Gottesdienste in verschiedenen (katholischen) Kirchen stattfinden, so in Linz oder Braunau. Die Zahl der Kirchenmitglieder in Österreich wird von den Verantwortlichen mit ca. 320 angegeben.
Seit einem Jahr haben die assyrischen Gläubigen mit Ninos Babisha einen eigenen, ständig präsenten Priester. Babisha zeigte sich im Interview sehr dankbar für die ökumenische Gastfreundschaft in katholischen Kirchen. Freilich: Langfristig hätten die assyrischen Christen gerne ihre eigene Kirche, "damit wir noch öfter gemeinsam Gottesdienst feiern können". Die Terminkoordination sei oft nicht einfach, "wenn man für Gottesdienste nur zu Gast ist". Ein weiteres Wunschprojekt: eine eigene Schule, in der die Kinder die syrische (aramäische) Sprache erlernen können.
Die meisten Kirchenmitglieder kommen aus dem Irak, aus Syrien und dem Iran. "Sie haben ihre Heimat verlassen müssen und sind anerkannte Flüchtlinge in Österreich", so Kirchenrätin Silvana Geiger im PRO ORIENTE-Interview. Sie informierte über die Anfänge der assyrischen Gemeinde, die Anfang der 1990er Jahre entstanden ist, als viele assyrische Christinnen und Christen den Irak verlassen haben. "Die meisten, die nach Österreich kamen, waren Asylsuchende. Viele lebten im Asylzentrum in Traiskirchen", so Geiger. Als wichtigstes Element einer gelungenen Integration in Österreich hob sie das Erlernen der deutschen Sprache hervor.
Wie kam es aber zur Bildung der Kirchengemeinde? - Geiger: "Einige Freiwillige fingen an, die Mitglieder zu versammeln, um mit ihnen zu beten. Es gab nur Gebete, keine Gottesdienste, weil es noch keinen Priester oder Diakon für Österreich gab. Dank Diakon Sargon - er war damals aber noch nicht Diakon - fanden die Gebete jeden Sonntag statt, danach wurde die Muttersprache unterrichtet und später wurde auch ein Kirchenchor gegründet."
Über Diakon Sargon konnten die assyrischen Christen in Österreich Fuß fassen, eine sehr positive Rolle spielte dabei auch die Arbeitsgemeinschaft der Anderssprachigen Gemeinden (ARGE AAG) mit ihrem Generalsekretär Alexander Kraljic. Geiger hob neben den guten Beziehungen zur katholischen Kirche auch jene zur Syrisch-orthodoxen und zur Chaldäisch-katholischen Kirche hervor.
Ständige Priester gab es vorerst noch nicht. Geiger: "Wir hatten später einige Priester, die in Rom studierten und uns in Österreich besucht haben. Sie haben mit den Gläubigen Gottesdienste gefeiert. Das geschah zumindest einmal pro Monat, manchmal auch öfter." Auch der aktuelle Patriarch Mar Awa III. hatte, als er in Rom studierte, oft Wien besucht, um mit der Gemeinde Gottesdienst zu feiern. So seien enge Beziehungen entstanden. Geiger: "Seine Heiligkeit kennt Wien gut."
Die Assyrische Kirche des Ostens geht auf die Kirche des alten Perserreiches in Mesopotamien zurück. Heute zählt die eigenständige Kirche weltweit rund 400.000 Gläubige in Nahost (Iran, Irak, Syrien, Libanon), aber auch in Europa, Nordamerika, Australien und Indien. Aus der Assyrischen Kirche des Ostens ist im 16. Jahrhundert die Chaldäisch-katholische Kirche hervorgegangen, als sich ein Teil des Episkopats Rom anschloss und dem Papst unterstellte.