Ökumene: Orthodoxer Theologe würdigt Verdienste von PRO ORIENTE
Grigorios Larentzakis sieht in Stellungnahme Zeit reif für weitere Schritte in Richtung Einheit der Kirchen - Kardinal Koch wird am 13. März in Vertretung des erkrankten Kardinal Schönborn Festgottesdienst zum 60-Jahr-Jubiläum von PRO ORIENTE vorstehen
Wien/Graz, 12.03.24 (poi) Die Verdienste, die die Stiftung PRO ORIENTE für die Ökumene in den vergangenen 60 Jahren geleistet hat, sind viel zu wenig öffentlich präsent. Das hat der Grazer orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis betont. "Die vielen ökumenisch relevanten Ergebnisse sind immer noch nicht ausreichend bekannt, noch nicht richtig rezipiert, geschweige denn im kirchlichen Leben unserer Kirchen gebührend umgesetzt worden", so Larentzakis wörtlich in einer Stellungnahme gegenüber dem PRO ORIENTE-Informationsdienst.
Die Stiftung wurde im November 1964 von Kardinal Franz König gegründet. Am kommenden Mittwoch, 13. März, wird das 60-Jahr-Jubiläum der Stiftung (verbunden mit dem 20. Todestag Königs) mit einem Festgottesdienst im Wiener Stephansdom und einem Festakt im Erzbischöflichen Palais begangen.
Aus Rom wird dazu Kurienkardinal Kurt Koch erwartet. Der Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen wird um 18 Uhr dem Festgottesdienst vorstehen, nachdem Kardinal Christoph Schönborn erkrankt ist und nicht teilnehmen wird. Bei einem Festakt im Anschluss an den Gottesdienst (bereits ausgebucht) wird Koch im Wiener Erzbischöflichen Palais zum aktuellen Stand der ökumenischen Dialoge mit den orthodoxen und orientalischen Kirchen sprechen, und dabei auch über das Wirken von PRO ORIENTE reflektieren.
Larentzakis würdigte den Gründer von PRO ORIENTE - Kardinal König - als "Visionär" und "starke kirchliche Persönlichkeit mit prophetischen Fähigkeiten und mit einem weiten Horizont". Er sei frei gewesen "von Vorurteilen und apologetischen Motiven, und zwar sowohl im ökumenischen als auch im interreligiösen Bereich". Der erste griechisch-orthodoxe Metropolit von Österreich, Chrysostomos (Tsiter), habe etwa immer wieder davon gesprochen, dass die Orthodoxe Kirche mit der Katholischen Kirche durch Kardinal Franz König ein problemloses und harmonisches gemeinschaftliches Leben hatte. König sei auch der erste Kardinal gewesen, der den Ökumenischen Patriarchen Athenagoras besuchte.
Larentzakis zitierte auch den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I.: "PRO ORIENTE gehört zu den wichtigsten ökumenischen Institutionen unserer Zeit. Der ökumenisch offene und weitblickende Erzbischof von Wien, der verewigte Kardinal Franz König hat durch die Gründung dieser Stiftung Pionierarbeit vollbracht und einen unersetzlichen wichtigen Beitrag für die Förderung des ökumenischen Anliegens unserer Kirchen geleistet. Die Früchte dieser ökumenischen Arbeit haben eine bleibende Bedeutung."
"Große ökumenische Familie"
Persönlich sei er froh und dankbar, so Larentzakis weiter, dass er seit 1966, und damit fast seit der Gründung der Stiftung, ununterbrochen mitarbeiten durfte; beispielsweise im Theologischen Beirat, als Konsultor, als Mitbegründer der Sektion Graz im Jahre 1987 und als deren Geschäftsführender Sekretär. Seit einigen Jahren ist Larentzakis stellvertretender Vorsitzender der Grazer Sektion.
Larentzakis erinnerte im Blick zurück auf die vergangenen sechs Jahrzehnte auf unzählige Ökumene-Tagungen und Vorträge in ganz Österreich. "Wie viele Würdenträger, Patriarchen, Metropoliten, Bischöfe, Professoren sind nicht nach Österreich zu verschiedenen ökumenischen Veranstaltungen gekommen, wie viele hohe Begegnungen, Gottesdienste, Besuche und Gegenbesuche in den Ostkirchen haben nicht stattgefunden. Die Nachfolger von Kardinal Franz König, die Kardinäle Hans Hermann Groer und Christoph Schönborn, hätten mit vielen Mitarbeitenden die wichtige Arbeit von PRO ORIENTE fortgesetzt. "Es ist alles zu einer sehr großen ökumenischen Familie der westlichen und der östlichen orthodoxen Kirchen gewachsen", so Larentzakis. Nachsatz: "Das muss noch deutlicher mit Taten gelebt werden."
"Unterwegs zur vollen Kirchengemeinschaft"
Im Blick auf das bisher Erreichte sollte man, so der orthodoxe Theologe, die Bezeichnung der Stiftung von PRO ORIENTE - Für den Osten - eigentlich auf CUM ORIENTE - Mit dem Osten - ändern. Das wäre auch die entscheidende Perspektive "für die Zukunft unserer Kirchen des Ostens und des Westens, der einen Kirche, des einen Leibes Jesu Christi mit den zwei Lungenflügeln". Die Zeit sei reif, so Larentzakis, "für die Bezeugung und Förderung des Gemeinsamen, (...) unterwegs zur vollen Kirchengemeinschaft".
Vor gut 50 Jahren war Grigorios Larentzakis der erste orthodoxe Christ, der an einer Katholisch-Theologischen Fakultät in Österreich - in Innsbruck - ein Theologie-Doktorat erlangte. Der 1942 auf Kreta geborene Larentzakis hatte seit 1970 Lehraufträge in orthodoxer und ökumenischer Theologie in Wien und Graz. 1982 wurde er an der Universität Graz habilitiert und 1983 an der Aristoteles-Universität Thessaloniki zum Doktor der orthodoxen Theologie promoviert. 1987 wurde er in Graz zum Universitätsprofessor ernannt und blieb dies 20 Jahre lang bis zu seiner Emeritierung.