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Ökumene: Katholische und orthodoxe Theologen rufen zu mehr Vertrauen auf

Jahrestagung des Irenäus-Arbeitskreises im rumänischen Cluj-Napoca - Erstmals gehören dem seit fast 20 Jahren bestehenden katholisch-orthodoxen Gremium auch Frauen an

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Die Mitglieder des katholisch-orthodoxen Irenäus-Arbeitskreises haben zu mehr Vertrauen in der Ökumene aufgerufen. Bei der jüngsten Jahrestagung im rumänischen Cluj-Napoca befassten sich Mitglieder des Gremiums mit Schismen in der Kirchengeschichte. In einer am Wochenende in Deutsch veröffentlichten Abschlusserklärung hielten sie dazu wörtlich fest: "Dem schismatischen 'Anderen' begegnet man am besten mit einer Haltung des Vertrauens, nicht mit einer des Argwohns. Das bedeutet, dass wir zunächst nicht versuchen sollten, ihn zu verurteilen und auszugrenzen, sondern von guten Absichten und einem zugrundeliegenden Einvernehmen ausgehen sollten, selbst wenn einige Korrekturen oder eine Distanzierung sich als notwendig erweisen".

Dem Irenäus-Arbeitskreis gehören 13 orthodoxe und 13 katholische Theologinnen und Theologen aus aller Welt an. Darunter sind aus Österreich der Wiener Ostkirchenexperte und PRO ORIENTE-Vizepräsident Rudolf Prokschi, der Grazer Ökumene-Experte und PRO ORIENTE-Konsultor Basilius Jacobus Bert Groen und der Dekan der Grazer Theologischen Fakultät und PRO ORIENTE-Vorstandsmitglied, Pablo Argarate. In Cluj wurden zwei neue Mitglieder willkommen geheißen: Sr. Susan Wood aus Toronto, Kanada, und die in Dresden lehrende Österreicherin Prof. Andrea Riedl, die ebenfalls PRO ORIENTE-Vorstandsmitglied ist. Die beiden sind die ersten Frauen in dem Gremium. Die Mitglieder des Arbeitskreises werden nicht als Delegierte von ihren Kirchen entsandt, sondern aufgrund ihrer theologischen Kompetenz in den Arbeitskreis berufen.

Jedes Jahr findet an einem anderen Ort in Europa eine mehrtägige Tagung des Arbeitskreises statt. Das Programm der 18. Jahrestagung stand unter der Überschrift "Schismen in der Kirchengeschichte: Historische Analysen und ihre Bedeutung für die Methodik des heutigen ökumenischen Dialogs". Die Diskussionen konzentrierten sich auf historische, dogmatische und pastorale Faktoren. Eine Sondersitzung befasste sich mit dem aktuellen Krieg in der Ukraine.

Notwendige Veränderung der Sichtweisen

Wie es in der Schlusserklärung heißt, könne es keine versöhnte Zukunft der Kirchen "ohne eine Veränderung unserer Sichtweisen geben". Und weiter: "Einheit erfordert die Fähigkeit, legitime Manifestationen des Glaubens anzuerkennen, die in nicht vertrauten Formen, in nicht vertrauter Sprache und durch nicht vertraute Praktiken ausgedrückt werden." Dieser Wandel können u.a. dadurch erreicht werden, "dass wir die Geschichte unserer Kirchen gemeinsam schreiben und dabei nicht nur auf Spaltungen und Schismen hinweisen, sondern auch Vorurteile aufzeigen sowie Konvergenzpunkte und Geschichten der Begegnung in den Vordergrund stellen".

Schismen würden verschiedene Aspekte der Tradition der Kirche betreffen. Daher sei es wichtig, zwischen den unveränderlichen Grundlagen des Glaubens (Tradition) und lokalen und kulturellen Aspekten (Traditionen) zu unterscheiden, "die sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen", halten die katholischen und orthodoxen Theologen fest. Spaltungen würden ursprünglich oft sekundäre Aspekte betreffen, "die später übertrieben und dogmatisch begründet werden".

Analyse von Schismen historisch vertiefen

Die Theologinnen und Theologen sehen sich durch die neuere Forschung ermuntert, die Analyse von Schismen historisch zu vertiefen. "Obwohl Schismen durch nicht-dogmatische Gründe verursacht werden können, wurden sie immer durch theologische Positionen gerechtfertigt. Diese Rechtfertigungen neigen dazu, Streitigkeiten zu dogmatisieren, hinter denen oft nicht artikulierte kulturelle, soziopolitische und psychologische Faktoren stehen." In dieser Hinsicht wäre es nützlich, eine Typologie der Schismen zu formulieren, heißt es in der Erklärung.

Eine Reflexion über die ökumenischen Dialoge habe gezeigt, dass es bisher kein von allen anerkanntes Modell der Einheit der Kirche gibt. Der orthodox-katholische Dialog habe sich auf die Überwindung der Unterschiede in der Lehre konzentriert. Größere Aufmerksamkeit müsse jedoch den Fragen der Identität gewidmet werden, die vor allem durch Frömmigkeitsformen, Kultur und Sprache geprägt seien, da diese einen starken Einfluss auf das Selbstverständnis der jeweiligen Kirchen hätten. Deshalb müssten die Zielvorstellungen kirchlicher Einheit geklärt werden.

Weiter halten die Theologinnen und Theologen fest: "Obwohl der orthodox-katholische Dialog in unseren Kirchen bislang nicht ausreichend rezipiert wurde, hat er wichtige Auswirkungen auf das Leben unserer Kirchen." Beispiele dafür seien die Bereitstellung katholischer Kirchengebäude für orthodoxe Gemeinden in der Diaspora, gemeinsame Beschlüsse orthodoxer und katholischer Bischöfe zur Einrichtung lokaler Dialoggremien, neue Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung der Taufe und zu Mischehen, Änderungen im katholischen Kirchenrecht und die Bereitschaft von Papst Franziskus, den Dialog mit der Orthodoxen Kirche zu vertiefen.

Die Theologinnen und Theologen betonen, dass es für den Dialog unerlässlich sei, zwischen dogmatischen Faktoren, theologischen, aber nicht-dogmatischen Faktoren und nicht-theologischen Faktoren zu unterscheiden. "Das Verhältnis zur Nation beispielsweise ist keine dogmatische Frage; die Klärung dieser Frage erfordert jedoch theologische Reflexion", illustrieren sie ihre Feststellung.

Durch lehrmäßige Dialoge allein könne jedenfalls die Einheit nicht erreicht werden. "Nur wenn ökumenische Gespräche auf dem Leben in Christus beruhen, kann das Streben nach Einheit verwirklicht werden", so die Mitglieder des Irenäus-Kreises und weiter: "In Gemeinschaft zu sein, bedeutet auch, dass wir gemeinsam Entscheidungen über den Ausdruck unseres Glaubens treffen und das Evangelium in den heutigen Gesellschaften bezeugen."

Nächstes Jahrestreffen im Libanon

Den Vorsitz des Irenäus-Arbeitskreises haben gemeinsam der katholische Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige, und der rumänisch-orthodoxe Erzbischof und Metropolit für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa, Serafim (Joanta), inne. Als Co-Sekretäre fungieren Johannes Oeldemann, Direktor im Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn, und der orthodoxe libanesisch-deutsche Theologe Prof. Assaad Elias Kattan. Das nächste Jahrestreffen des Irenäus-Arbeitskreises wir im Juni 2023 im Libanon stattfinden.