Konflikte: PRO ORIENTE will Beiträge zu Heilung und Versöhnung leisten
PRO ORIENTE-Generalsekretär Bernd Mussinghoff im Interview mit dem "Nachrichtendienst Östliche Kirchen": Durch Kontakte zu Kirchenvertretern und Initiativen zwischenkirchliche Verständigung fördern
Wien/Zürich, 22.03.24 (poi) Auch wenn die Stiftung PRO ORIENTE naturgemäß keinen direkten Einfluss auf die Beendigung der Gewalt in Osteuropa und im Nahen Osten hat, so bemüht sie sich doch nach Kräften, "Beiträge zu Heilung und Versöhnung zu leisten". Das hat PRO ORIENTE-Generalsekretär Bernd Mussinghoff im Interview mit dem "Nachrichtendienst Östliche Kirchen" (NÖK) betont. Nachsatz: "Wir hoffen, dass so orthodoxe und katholische Christinnen und Christen gemeinsam zu einer Beendigung oder wenigstens Unterbrechung der Spirale der Gewalt beitragen können."
PRO ORIENTE sei solidarisch mit den leidenden Menschen und bemühe sich, "wo und soweit uns das möglich ist, durch unsere Kontakte zu Kirchenvertretern in diesen Regionen Beiträge zur zwischenkirchlichen Verständigung zu leisten". So habe man etwa im November 2023 ein Projekt zur "Heilung der Erinnerungen" begonnen. Beteiligt seien Theologinnen und Theologen sowie kirchliche Vertreter aus Osteuropa (Großraum Ukraine), aus Südosteuropa (vor allem aus den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens) und aus dem Nahen Osten.
"Die orthodoxen und katholischen Teilnehmenden der Auftaktkonferenz in Wien waren sich einig, dass es zum Grundauftrag der Kirchen gehört, zu Frieden und Versöhnung zwischen den Menschen beizutragen", so Mussinghoff. Ebenfalls habe Konsens darüber bestanden, "dass dazu auch eine Aufarbeitung der zwischenkirchlichen Verwerfungen und Konflikte gehört".
Die Konflikte würden teilweise weit in die Vergangenheit zurückreichen und die so "verwundeten" wechselseitigen Erinnerungen weiter belasten. Eine Aufarbeitung sei nötig "und wird auch in Zukunft nötig sein, gerade dort, wo in den aktuellen Kriegen und Konflikten fast täglich neue Verwundungen hinzukommen". So habe das Projekt eine traurige Aktualität gerade in den genannten Konfliktgebieten bekommen.
Mussinghoff ging im Interview auch auf die 60-jährige Geschichte der Stiftung PRO ORIENTE ein, die im November 1964 von Kardinal Franz König gegründet wurde. PRO ORIENTE habe im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Dialoginitiativen unternommen und unterschiedliche Formate für diese Dialoge entwickelt. "Wichtig war und ist dabei immer, dass es sich nicht um offizielle Dialoge der Kirchen selbst handelt, sondern um inoffizielle Dialoge zwischen den beteiligten Kirchenvertretern", so Mussinghoff: "Durch diese Rahmenbedingungen konnte vor allem Vertrauen aufgebaut werden, ohne das die späteren offiziellen Dialoge sicher nicht zustande gekommen wären."
Mussinghoff verwies u.a. auf die "Wiener Christologische Formel", auf die sich die Vertreter der orientalisch-orthodoxen Kirchen und der katholischen Kirche bereits 1971 verständigen konnten. Mit der Einigung auf diese Formel sei eine wesentliche christologische Grundlage für die späteren offiziellen gemeinsamen Erklärungen von Päpsten und Oberhäuptern von orientalisch-orthodoxen Kirchen gelegt worden, wie etwa die gemeinsame Erklärung von Papst Paul VI. und dem koptischen Papst Schenouda III. aus dem Jahr 1973.
Im Blick auf weitere gegenwärtige Arbeitsschwerpunkte bzw. Projekte von PRO ORIENTE nannte Mussinghoff u.a. die ökumenischen Workshops mit jungen Christinnen und Christen verschiedener Kirchen aus dem Nahen Osten und aus Ländern der Diaspora in Europa sowie die Mitarbeit der Stiftung am Synodalen Prozess der Katholischen Kirche, zu dem Erfahrungen von Synodalität aus den östlichen Kirchen beigesteuert würden.