Junge Christinnen und Christen suchen Zukunftsperspektiven für den Irak
Erfolgreicher PRO-ORIENTE-Jugendworkshop im Nordirak - Lob vom chaldäischen Patriarchen Louis Sako
Die Stiftung PRO ORIENTE und die ökumenische Gruppe "We Choose Abundant Life" veranstalten in mehreren Ländern des Nahen Ostens Jugendworkshops, an denen junge Menschen verschiedener Kirchen teilnehmen. Ziel der Workshops ist es, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander zu vernetzen, und gemeinsam Möglichkeiten eines verstärkten kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements in den Ländern des Orients auszuloten. Der jüngste Workshop fand vor ein paar Tagen im Nordirak statt. An dem Workshop in der (christlichen) Stadt Ankawa bei Erbil nahmen 22 junge Menschen aus verschiedenen Teilen Kurdistans teil. Sie gehörten vier Kirchen an: der Chaldäischen, Syrisch-orthodoxen, Syrisch-katholischen und der Assyrischen Kirche des Ostens. Auch die Dominikaner entsandten einige Teilnehmende.
Von Seiten der Stiftung PRO ORIENTE ist Viola Raheb für das Projekt zuständig. Sie war auch in Ankawa mit dabei. Viele der jungen Menschen hätten bereits in jungen Jahren Krieg, Vertreibung, Flucht und Gewalt erlebt, berichtete Raheb. Viele lebten heute nicht mehr in ihren ursprünglichen Heimatorten. Einige stammten ursprünglich aus Mosul oder Bagdad. Diese Erfahrungen bestimmten naturgemäß das Leben und die Perspektiven der jungen Menschen, auch wenn es kaum thematisiert werde. „Die Skepsis der Teilnehmenden gegenüber der Zukunft auch im Blick auf ein friedliches Miteinander im Irak ist dadurch zu erklären“, so Raheb. Einige der jungen Menschen betonten immer wieder die Frage nach Gott in Zeiten des Grauens und wie wichtig der Glaube, das Gebet und die Gemeinschaft gerade in solch Zeiten seien; auch therapeutisch.
Für die meisten jungen Erwachsenen war der Workshop die erste derartige Zusammenkunft. Sie hätten bisher weder Möglichkeiten zur Vernetzung innerhalb der eigenen Kirche noch mit gleich gesinnten jungen Christinnen und Christen anderer Kirchen gehabt, so Raheb. Insbesondere für die Jugendlichen aus der doch eher isolierten Assyrischen Kirche sei es besonders bewegend gewesen, ein Teil der ökumenischen Gruppe zu sein.
Eine junge Teilnehmerin formulierte es so: „In diesen Tagen habe ich Geschwister im Glauben kennengelernt, die Stärke der Gemeinschaft erlebt und habe dadurch mehr Hoffnung, dass wir gemeinsam die Herausforderungen besser bewältigen können.“
18 künftige Herausforderungen
Die jungen Menschen erarbeiteten 18 Herausforderungen für die zukünftige Präsenz junger Menschen im Irak heraus. Ähnlich wie in anderen Ländern des Nahen Ostens handelt es sich dabei um eine Mischung aus politische, ökonomische, gesellschaftliche und innerkirchliche Problemfeldern. Die jungen Erwachsenen wünschten sich u.a. auch mehr Aufmerksamkeit der Kirchenleitungen für ihre Sorgen und Wünsche.
Gefragt nach dem, was sie sich von diesem dreitägigen Workshop mitnehmen, formulierten die jungen Menschen vor allem Hoffnung, Respekt vor dem anderen und die Akzeptanz des Anderen. Sie wollten dem Anderen zuhören, ihn annehmen und den Geist der Kooperation und Gemeinschaft und insbesondere die gelebte Einheit in Christus leben. Eine junge Teilnehmerin hielt fest: „In diesen Tagen habe ich Geschwister im Glauben kennengelernt, die Stärke der Gemeinschaft erlebt und habe dadurch mehr Hoffnung, dass wir gemeinsam die Herausforderungen besser bewältigen können.“ - Die jungen Leute wollen demgemäß ihre im Workshop begonnene Arbeit auch künftig gemeinsam fortsetzen.
Viola Rahebs Bilanz: „Der Besuch im Irak ist mit zweierlei Gefühlen verbunden. Zum einen ist es bedrückend, die schwierigen Lebensbedingungen und die fehlenden Chancen für Jugendlichen zu erleben. Positiv bewegt bin ich vom Glauben der Jugendlichen, von ihrer Sehnsucht nach einem ökumenischen Miteinander und von ihrer Wissbegierde. Das Feedback der jungen Menschen, wonach sie in diesem Workshop nicht nur über Ökumene und Synodalität lernen konnten, sondern die auch in den drei Tagen gelebt und erlebt haben, erfüllt mich mit Dankbarkeit.“
Einladung nach Bagdad
Der chaldäische Patriarch Louis Raphael Sako würdigte im Gespräch mit Viola Raheb das Projekt. Es brauche weit mehr von solchen ökumenischen Initiativen, sagte Sako. Er sprach auch eine Einladung an PRO ORIENTE und die "We choose abundant life"-Gruppe aus, einen ähnlichen Workshop in der irakischen Hauptstadt Bagdad zu organisieren. Die nächsten PRO ORIENTE-Jugendworkshops in Israel und Ägypten stehen im September auf dem Programm. Auch in Syrien ist ein Workshop geplant, für den der Termin derzeit noch nicht feststeht. Schon im März fand der erste Workshop in Beirut (Libanon) statt, der zweite folgte im Mai in Amman (Jordanien), der dritte im Juni in Betlehem (Palästina).
Das Video zum Workshop: