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Jerusalemer orthodoxer Patriarch: Präsenz der Christen ernsthaft bedroht

Neuer Dokumentarfilm "Via Dolorosa: Der Weg der Leiden" erzählt die Geschichte der Christen in Palästina aus ihrer eigenen Sicht - Vorführung und Podiumsdiskussion bei den Vereinten Nationen in Genf

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Der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., hat die Befürchtung geäußert, dass die Zahl der Christinnen und Christen im Gazastreifen inzwischen auf weniger als 600 Personen geschrumpft sein könnte. Aber auch im gesamten Westjordanland und in Jerusalem verschlechtert sich die Lage für die christlichen Gemeinschaften immer mehr. Der Patriarch nannte als Gründe die triste Wirtschaftslage, das Ausbleiben der Pilger, die Knappheit an Arbeitsplätzen und die instabile Sicherheitslage. Die Kirchen vor Ort seien zudem starkem finanziellem Druck ausgesetzt. Der Patriarch äußerte sich bei einer Veranstaltung im UNO-Zentrum in Genf. Dort wurde am Dienstag der Film "Via Dolorosa: Der Weg der Leiden" gezeigt, der die Geschichte der Christen in Palästina aus ihrer eigenen Perspektive zeigt.

Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, über die der Weltkirchenrat (ÖRK) in einer Aussendung berichtete. Der Tenor der Veranstaltung: Die Präsenz der Christinnen und Christen im Heiligen Land ist ernsthaft bedroht.

Amira Hanania vom "Obersten Präsidialausschusses für Kirchenangelegenheiten des Staates Palästina" erläuterte bei der Veranstaltung die Intention des neuen Films: Dieser sei "ein lebendiges Zeugnis der Rolle der palästinensischen Christen im Kampf um Gerechtigkeit und eine kraftvolle Widerlegung jener, die versuchen, ihre Identität aus der nationalen und internationalen Arena zu löschen." Hanania ist auch die Regisseurin des Films.

P. Ibrahim Faltas, Vikar der Franziskaner-Kustodie des Heiligen Landes, sagte: "Dieser Dokumentarfilm ist eine Via Dolorosa für jeden Christen in Palästina. Das Leben in Palästina ist voller Trauer." Er lebe seit 36 Jahren in Palästina und habe schon die erste und zweite Intifada sowie die Belagerung der Geburtskirche in Betlehem miterlebt. Die aktuelle Situation sei aber beispiellos im Hinblick auf die Herausforderungen und Schwierigkeiten, mit denen die Christinnen und Christen konfrontiert seien. Viel zu viele hätten bereits ihre Heimat verlassen.

Bei der Diskussion warnte auch der palästinensische Theologe und Gründer der Dar al-Kalima-Universität in Bethlehem, Mitri Raheb, dass die christliche Präsenz im Gazastreifen ausgelöscht werde. "Gaza war einst ein wichtiger Mittelpunkt des Christentums in Palästina", sagte er. Das Christentum habe nicht in Rom, Wittenberg oder Canterbury begonnen, sondern im Land Palästina. Und er fügte hinzu: "Es ist Zeit, dem Land, in dem der Frieden geboren wurde, Frieden zu bringen. Das Land Palästina hat der Welt Jesus geschenkt. Es ist höchste Zeit, Palästina Frieden zu schenken."

Jerry Pillay, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), erklärt: "Als Ökumenischer Rat der Kirchen stehen wir an Ihrer Seite und an der Seite all jener, die sich für Gerechtigkeit, Frieden und die gleiche Würde und Rechte aller Menschen im Heiligen Land einsetzen. Der ÖRK habe wiederholt zu einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand aufgerufen, "um das Blutvergießen und die Zerstörung im Gazastreifen zu beenden und es der humanitären Hilfe zu ermöglichen, die Bedürftigen zu erreichen."

Der ÖRK appelliere an die Anerkennung des "gleichen, von Gott gegebenen Wertes und der gleichen Würde jedes menschlichen Lebens, ob palästinensisch oder israelisch, muslimisch, jüdisch oder christlich". Nur auf dieser Grundlage könne ein gerechter und nachhaltiger Frieden geschaffen werden. "Deshalb haben wir auch den Angriff auf Israel vom 7. Oktober verurteilt", so Pillay. Die tragischen Ereignisse in den letzten 16 Monaten im Gazastreifen und die eskalierende Gewalt im Westjordanland würden aber das Gegenteil von Frieden darstellten, so der ÖRK-Generalsekretär. Er sprach von der "Ablehnung und Leugnung der Menschlichkeit des Anderen."