Gemeinsamer Ostertermin der Kirchen: Patriarch Bartholomaios zuversichtlich
Patriarch von Konstantinopel sieht Anzeichen, dass eine Einigung von West- und Ostkirche anlässlich des 1.700-Jahr-Jubiläums des Ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa möglich ist
Istanbul/Rom, 18.11.22 (poi) Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. ist zuversichtlich, dass es bald einen gemeinsamen Ostertermin aller Kirchen geben wird. Wie der römische katholische Nachrichtendienst "Zenit" berichtet, äußerte sich der Patriarch in dieser Richtung im Interview mit türkischen Medien. Demnach erklärte der Patriarch von Konstantinopel, dass Gespräche zwischen Vertretern der katholischen und orthodoxen Kirche im Gange seien, um eine Einigung über die gemeinsame Feier des wichtigsten Datums für die Christen zu erzielen.
Die Gespräche fänden im Vorfeld des 2025 anstehenden 1.700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nizäa statt. Wörtlich sagte der Patriarch: "Unser Ziel ist es, dass wir im Rahmen des Jubiläums eine Lösung für Ostern finden. Der Papst hat die besten Absichten, und ich denke, der Moment ist gekommen, sowohl für die orthodoxe Kirche als auch für die Katholiken, ein gemeinsames Datum zur Feier der Auferstehung Christi festzulegen." Er hoffe sehr, so der Patriarch, "dass wir uns bei dieser Gelegenheit einigen können".
Der damalige Erzbischof (heute Metropolit) Job (Getcha), der Ständige Vertreter des Patriarchats von Konstantinopel beim weltweiten Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), hatte schon 2021 ebenfalls das Jubiläum des Ersten Ökumenischen Konzils vor 1.700 Jahren öffentlich ins Spiel gebracht, um ein künftiges gemeinsames christliches Osterdatum voranzutreiben. Vom Vatikan war der Vorschlag damals positiv aufgenommen worden. Auch der koptische Papst-Patriarch Tawadros II. hatte sich vor einigen Jahren in einem Schreiben an Papst Franziskus für einen gemeinsamen Ostertermin stark gemacht.
Die Russisch-orthodoxe Kirche hatte auf den Vorschlag von Erzbischof Job eher ablehnend reagiert. Eine Kalenderreform und die Änderung der Berechnung des Osterdatums stünden jedenfalls nicht auf der Agenda der Russisch-orthodoxen Kirche, erklärte der damalige Außenamtschef des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew).
Die Westkirchen berechnen das Osterdatum seit dem 16. Jahrhundert nach dem Gregorianischen Kalender, die Ostkirchen nach dem Julianischen Kalender, der zuvor in der gesamten Kirche gebräuchlich war. Auf dem Konzil von Nizäa 325 wurde die Berechnung des Osterdatums auf der Grundlage des Julianischen Kalenders bestimmt. Der Kalender gilt aber als astronomisch ungenau. Im Laufe von Jahrhunderten verbraucht der Kalender zu viele Tage, er ist gegenüber der Natur zu langsam. Schon jetzt fallen der Julianische Kalender und Naturphänomene 13 Tage auseinander. Folgen noch viele weitere Jahrhunderte, dann verschiebt sich Ostern - nach dem Julianischen Kalender - immer mehr in den Sommer hinein, das Bekenntnis zum Zusammenhang zwischen Ostern und Frühling wird im Julianischen Kalender zunehmend, wenn auch nur langsam, zur Makulatur.
Das Problem war und ist natürlich auch den Ostkirchen bekannt. 1923 kam es deshalb zu einer Reform und zur teilweisen Einführung des Neujulianischen Kalenders. Auf einem orthodoxen Kongress in Konstantinopel beschlossen alle Teilnehmer mit einem Sprung vom 9. März 1924 auf den 23. März 1924 den neuen Kalender einzuführen. Der Neujulianische Kalender entspricht etwa zehnmal genauer dem Sonnenjahr als der Gregorianische. Das wird dadurch erreicht, dass nicht wie im Gregorianischen Kalender drei Schalttage in 400 Jahren weggelassen werden, sondern sieben in 900 Jahren. Der Neujulianische Kalender wird sich bis zum Anfang des Jahres 2800 nicht vom Gregorianischen Kalender unterscheiden. Erst im Jahre 2800 entfällt bei ihm erstmals ein Schalttag, der im Gregorianischen Kalender vorgesehen ist.
Die Russisch-orthodoxe Kirche, die wegen politischer Wirren nach der Oktoberrevolution am Kongress 1923 nicht teilnehmen konnte, machte die Kalenderreform allerdings nicht mit. Daraufhin revidierten auch andere orthodoxe Kirchen ihren ursprünglichen Beschluss und blieben (bis heute) beim Julianischen Kalender. Einige andere führten den Neujulianischen Kalender zwar ein, wenden ihn aber nicht für die Berechnung des Osterdatums an. Hier halten sie sich weiterhin an den Julianischen Kalender, um die orthodoxe Kircheneinheit zu bewahren.
Von Zeit zu Zeit fällt Ostern in der Ost- und Westkirche trotz allem auf den gleichen Termin. Das nächste Mal wird dies ausgerechnet 2025 sein.