Feierlicher Präsidentschaftswechsel bei Stiftung PRO ORIENTE
Kardinal Schönborn und die Stiftung PRO ORIENTE luden zu Festakt im Wiener Curhaus mit Dankesworten und inhaltlichen Ausblicken auf die künftige Arbeit von PRO ORIENTE
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Mit einer Feierstunde im Curhaus am Wiener Stephansplatz wurde Montagabend die offizielle Amtsübergabe von Alfons Kloss an Clemens Koja als neuer PRO ORIENTE-Präsident begangen. Zu der Feier hatte die Stiftung mit ihrem langjährigen Kuratoriumsvorsitzenden Kardinal Christoph Schönborn geladen. Alfons Kloss zog noch einmal Bilanz seiner Zeit als Präsident der Stiftung von 2018 bis Ende 2024. Clemens Koja gab einen Ausblick auf anstehende Schwerpunkte. Kurze inhaltliche Impulse kamen von Kardinal Schönborn, der jungen maronitischen Christin Diana Abu Nader, dem orthodoxen Theologen Ioan Moga und PRO ORIENTE-Generalsekretär Bernd Mussinghoff. Für den feierlichen musikalischen Rahmen sorgte das einfühlsame Spiel auf der Oud (Laute) des palästinensisch-österreichischen Künstlers Marwan Abado. Moderiert wurde die Veranstaltung von PRO ORIENTE-Programmdirektorin Viola Raheb.
Clemens Koja trat sein Amt als Pro Oriente-Präsident mit 1. Jänner 2025 an. Er folgt auf Botschafter i.R. Alfons M. Kloss, der die Stiftung seit 2018 als Präsident leitete und sein Amt auf eigenen Wunsch mit Jahresende 2024 zurücklegte. Koja wurde bei der Kuratoriumssitzung der Stiftung am 19. September in Wien zum neuen Präsidenten gewählt.
Kardinal Schönborn dankte in seiner Rede Montagabend dem bisherigen Präsidenten Kloss für seinen langjährigen Einsatz und dem neuen Präsidenten Koja für seine Bereitschaft, dieses Amt zu übernehmen. Schönborn würdigte u.a. die Flexibilität und Kreativität von PRO ORIENTE. Zu einer Zeit, als die theologische Ökumene an einem - auch politisch bedingten – problematischen Punkt angekommen war, habe man eine erfolgreiche Neuorientierung vorgenommen. Der Kardinal hob in diesem Zusammenhang neben den aktuellen Jugendworkshops auch die schon länger zurückgehenden Initiativen der Stiftung für junge Theologinnen und Theologen hervor, denen man Orte der Begegnung ermöglichte. Das Fundament jeder Ökumene seien persönliche Begegnungen und Freundschaften, so Schönborn. Auf diesem Fundament könnten dann auch wieder theologische Fortschritte erzielt werden, zeigte sich der Kardinal zuversichtlich.
Eingangs seiner Rede erinnerte Schönborn an den Gründer von PRO ORIENTE: Kardinal Franz König. Dieser habe die Stiftung aus den Erfahrungen des Zweiten Vatikanischen Konzils und aus persönlichen Erfahrungen heraus ins Leben gerufen. König habe die Kirche in Wien und Österreich in der besonderen Verantwortung gesehen, Brücken in den Osten zu bauen. "Er freut sich heute sicherlich auch ganz besonders über diese Feier hier", zeigte sich Schönborn überzeugt.
König habe dies alles freilich nicht allein geschafft. Es sei ihm gelungen, viele Mit-Engagierte für sein Anliegen zu motivieren. Zudem sei über alle menschlichen Anstrengungen hinaus auch der Heilige Geist am Wirken, so Kardinal Schönborn.
Zu der Feierstunde war u.a. der Generalsekretär für Auswärtige Angelegenheiten des Außenministeriums, Nikolaus Marschik, gekommen, das Kultusamt war durch dessen Leiter Florian Welzig vertreten. Mehrere Botschafterinnen und Botschafter aus dem In- und Ausland waren ebenfalls präsent. Von kirchlicher Seiten waren u.a. der armenisch-apostolische Bischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Tiran Petrosyan, der Wiener russisch-orthodoxe Bischof Aleksij (Zanochkin), der Wiener Weihbischof Franz Scharl, der Vorsitzende der Österreichischen Ordenskonferenz, Erzabt Korbinian Birnbacher, und der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld gekommen; weiters etwa auch der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura und der anglikanische Kanonikus Patrick Curran sowie der Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, Nikodemus Schnabel. Außerdem waren auch die Vorsitzenden der Salzburger, Linzer und Grazer PRO ORIENTE-Sektionen - Dietmar Winkler, Josef Pühringer und Peter Piffl-Percevic – mit Delegationen aus den drei Sektionen nach Wien gekommen.
Jugend im Fokus
Für die Jugend, die besonders im Fokus von PRO ORIENTE steht, ergriff Diana Abu Nader das Wort. Die Maronitin stammt aus dem Libanon, lebt inzwischen in Frankreich und hat am Jugendworkshop 2024 in Österreich teilgenommen. Sie berichtete von bewegenden Erfahrungen der Begegnung. Viele der jungen Erwachsenen aus den verschiedenen Kirchen hätten bei dem Workshop erstmals Ökumene bzw. eine bereichernde Vielfalt an Kirchen und Traditionen erleben können. Abu Nader rief eindringlich dazu auf, dass noch viel mehr junge Leute aus den verschiedenen Kirchen diese Erfahrungen machen dürfen. Diana Abu Nader gehört inzwischen auch dem Vorbereitungsteam des nächsten Europa-Jugendworkshops an, der im Mai im steirischen Stift Admont stattfinden wird.
Orthodoxe Würdigung
Alfons Kloss habe die Stiftung in einer schwierigen Zeit übernommen, so Prof. Moga in seinen Ausführungen: "Im orthodox-katholischen Bereich waren die Folgen der ernüchternden Kreta-Synode und die kirchliche Ukraine-Krise sehr belastend, dann kam Corona, dann der Ukraine-Krieg." Dennoch habe Kloss - gemeinsam mit Bernd Mussinghoff und Viola Raheb - der Stiftung einen neuen, starken Impuls gegeben, "dessen Früchte wir in vielen Projekten sehen und noch sehen werden". Nachsatz: "Es sind instabile und unsichere Zeiten, die wir erleben. Plattformen der vertrauensvollen Begegnung und des konstruktiven Dialogs sind nicht mehr selbstverständlich. Die Stiftung PRO ORIENTE ist ein solcher Ort. Sowohl Kirchen als auch Gesellschaft werden sie nach wie vor brauchen."
Moga würdigte an Kloss "seine Ehrlichkeit, seine demütige visionäre Zuversicht, seine kirchliche und ökumenische Verwurzelung und seine Unterscheidungskraft". Selbst in den schwierigsten Fragen wie etwa der Haltung der Orthodoxen Kirche im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg habe sich Kloss stets für differenzierte Antworten stark gemacht. Und vor allem: "Er hört sehr aufmerksam zu, was im ökumenischen Geschäft keine allgemeine Tugend ist."
Weiters würdigte Moga, dass sich PRO ORIENTE, "in einer Zeit, in der die Orthodoxie viel mit sich kämpft, zur Anwältin der synodalen Stärken des kirchlichen Ostens gemacht hat". In einer Zeit, wo panorthodoxe Synodalität fast gelähmt sei, habe PRO ORIENTE dennoch die Stärken des orthodoxen Synodalsystems in Erinnerung gerufen. Ohne das konsequent verfolgte Projekt "Dem Osten zuhören" wäre der von Papst Franziskus vorangetriebene synodale Prozess ein Stück ärmer gewesen, zeigte sich der orthodoxe Theologe überzeugt.
Das PRO ORIENTE-Team besitze die Kunst, mit wenigen personellen und finanziellen Mitteln Enormes in Bewegung zu bringen. Gerade dort, wo sich Leerstellen befänden: "Die Leerstellen zwischen akademischer und kirchlicher Welt, zwischen Theologie und Diplomatie, zwischen Menschen und Amtsträgern, zwischen Zentrum und Peripherie, zwischen No-Gos und Gos, zwischen Glauben und Wissenschaft, zwischen Blockaden und routinierten Dialogformen", so Moga.
Das sei mehr als nur klassische Ökumene und deshalb zukunftstauglich. Fazit: "PRO ORIENTE hat sich von den Mustern der klassischen Ökumene verabschiedet und neue Formate gesucht, gefunden und mitgestaltet."
Wie Moga weiter sagte, werde das erhoffte baldige Ende des Ukraine-Krieges und der noch mehr zu erhoffende gerechte Friede auf europäischem Boden auch die Themen und die Aufgaben der Ökumene neu bestimmen. "Die Welt nach dem Krieg wird auch eine Welt sein, in dem das 'Healing of Memories' eine schwierige, aber wichtige Herausforderung darstellen wird." Mit ihrer Expertise könne und werde die Stiftung nicht nur Know-how leisten, sondern "sie wird ihre Stärken noch einmal unter Beweis stellen müssen, dass sie dort Dialogbrücken baut, wo offizielle Dialogwege noch schwierig oder gar unmöglich scheinen".
Moga wies weiters darauf hin, dass sich Ökumene auch vor Ort entscheide. Dem neuen Präsidenten Clemens Koja wünsche er deshalb "ein weites Herz für die menschliche und kulturelle Diversität der Ostkirchen, vor allem der orthodoxen Lokalkirchen". Er wolle eine herzliche Einladung aussprechen, so Moga, die vielen orthodoxen Gemeinden in Wien und ganz Österreich kennenzulernen "und diese orthodoxe Polyphonie in ihrer Lebendigkeit, aber auch in ihren erfolgreichen Integrationsbemühungen zu entdecken".
Führungsqualitäten von Alfons Kloss
Generalsekretär Mussinghoff hob in seinen Ausführungen den teamorientierten Führungsstil von Alfons Kloss hervor. Das gemeinsame Arbeiten und der gemeinsame Weg seien Kloss stets ein großes Anliegen gewesen. Dies gelte für das Team im Generalsekretariat genauso wie für den Vorstand, die Sektionen, die Mitglieder des Kuratoriums, den Freundeskreis und weitere Gremien und mit der Stiftung verbundene Personen, Institutionen und Kirchen.
Unter allen sei eine starke Verbundenheit gewachsen, geprägt von großer Herzlichkeit und auch geistlicher Tiefe. Präsident Kloss sei es stets wichtig gewesen, vertrauensvoll "auf Augenhöhe gemeinsam unterwegs zu sein". Mussinghoff verwendete dafür das Bild der ausgestreckten Hand des Präsidenten, "eine Hand, die offen ist, die nicht den Weg weist, sondern einlädt, sie zu ergreifen und ein Stück des Weges mitzugehen, und diesen Weg dabei manchmal erst gemeinsam zu entdecken".
Mussinghoff erinnerte zudem auch an Prof. Erich Leitenberger. Der frühere Chefredakteur der Kathpress und Pressesprecher mehrerer Wiener Erzbischöfe hatte nach seiner Pensionierung bis zu seinem plötzlichen Tod im Jänner 2021 viele Jahre hindurch unermüdlich ehrenamtlich für PRO ORIENTE gearbeitet.
Vielfacher Dank
Botschafter Kloss unterstrich in seinen Ausführungen mehrmals die Aufgabe aller Christinnen und Christen, gemeinsam die Botschaft des Evangeliums als Gegenthese zu den vielen Krisen der Gegenwart zu verkünden und zu leben. In Anspielung an das Motto des Heiligen Jahres 2025 in der Katholischen Kirche ermutigte Kloss alle Christen dazu, gemeinsam "überzeugte Pilger der Hoffnung" zu sein. Nachsatz: "Wir können es uns nicht mehr leisten, dass jeder nur seinen eigenen kleinen kirchlichen Schrebergarten bearbeitet."
Kloss hob einmal mehr die drei wichtigsten Bereiche seiner Amtszeit hervor: die römische Konferenz zur Synodalität der Ostkirchen als Beitrag zum katholischen Synodalen Prozess; zweitens die Arbeit für Versöhnung und Dialog im Rahmen des Projekts "Healing of wounded Memories" und drittens die neue PRO ORIENTE-Nahost-Jugendinitiative. "Jede einzelne Begegnung mit den jungen Leuten hat uns Kraft und Hoffnung für die Zukunft gegeben", so Kloss wörtlich. Nachsatz: "Da muss man wirklich dankbar sein."
Einen besonderen Dank richtete Kloss an die Mitarbeitenden im Generalsekretariat – Bernd Mussinghoff, Viola Raheb, Silvia Vargason, Celine Bounatirou – sowie an Rudolf Prokschi als Vizepräsidenten und Gordian Gudenus als Finanzvorstand. Außerdem dankte er "allen in den Sektionen in Salzburg, Graz und Linz, dem Vorstand, den Konsultorinnen und Konsultoren und den vielen Freunden weltweit."
Der neue Präsident Clemens Koja unterstrich in seinen Dankesworten die Bedeutung der drei von Kloss vorgebrachten Hauptbereiche der Arbeit von PRO ORIENTE. Er fügte hinzu, dass man in der künftigen Arbeit Frauen noch stärker in den Fokus nehmen bzw. unterstützen sollte. Sie würden einen wesentlichen Beitrag zu Versöhnung, Dialog und Frieden leisten. Und Koja sagte zu, die Zusammenarbeit mit den Ostkirchen in Wien und Österreich zu pflegen und, wo möglich, noch zu verstärken.