Pro Oriente
News / Wohin es Papst Franziskus nicht mehr schaffte

Wohin es Papst Franziskus nicht mehr schaffte

Linzer Bischof Scheuer und PRO ORIENTE-Delegation bei den historischen Stätten des Ersten Ökumenischen Konzils, wo kommenden Monat Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios gemeinsam das 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa hätten begehen wollen

POI250425

In der türkischen Kleinstadt Iznik, dem antiken Nicäa, werden gerade die letzten Arbeiten an einem Besucherzentrum durchgeführt, das eigentlich Papst Franziskus bei seinem geplanten Besuch vor Ort Ende Mai hätte aufsuchen sollen. In Nicäa fand im Jahr 325 n. Chr. das erste Ökumenische Konzil statt, bei dem wichtige Weichenstellungen für Kirche und Glaube getroffen wurden. Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. und Papst Franziskus wollten das 1.700-Jahr-Jubiläum dieses Ereignisses gemeinsam vor Ort begehen. Dem Vernehmen nach hätte die Jubiläumsfeierlichkeiten am 26. Mai stattfinden sollen. Offiziell verkündet wurde das Datum inklusive Papstbesuch allerdings nie.

Das Zentrum, das auch ein kleines Museum beinhaltet, wurde an jener Stelle errichtet, wo 2014 nahe des Ufers des Izniksees im Wasser die Reste einer antiken dreischiffigen Basilika gefunden wurden. Ein Steg führt vom Besucherzentrum am Ufer rund 50 Meter ins seichte Wasser direkt zu den Mauerresten der alten Basilika. Die Anlage ist derzeit für die Öffentlichkeit noch nicht zugänglich.

Einige Experten sind der Meinung, mit der Basilika im Wasser den Ort der Konzilsversammlung gefunden zu haben. Es gibt aber auch andere Meinungen, wonach das Konzil etwa in jener Kirche stattfand, über die die heutige Hagia Sophia von Nicäa/Iznik errichtet wurde, in der 787 das zweite Konzil von Nicäa stattfand. Diese Kirche ist seit 2014 eine Moschee, nachdem sie zuvor viele Jahre als Museum diente.

Der Linzer Bischof Manfred Scheuer und eine Delegation der Linzer PRO ORIENTE-Sektion besuchte am Donnerstag die historisch bedeutsamen Stätten in Iznik/Nicäa, rund 140 Kilometer südlich von Istanbul. Bischof Scheuer unterstrich bei dem Besuch vor Ort, wie sehr das theologische Ringen um das rechte Verständnis von Gott und Jesus Christus auf dem Konzil von Nicäa und den folgenden Konzilien zum christlichen Menschenbild, der Überzeugung von der gleichen Würde aller Menschen, sowie zum modernen Person- und Freiheitsbegriff beigetragen habe bzw. die Grundlagen legte.

Der Linzer PRO ORIENTE-Obmann Josef Pühringer hielt in einer Ansprache ebenfalls die Bedeutung von Nicäa für die Grundfesten des christlichen Glaubens fest. Zugleich plädierte er eindringlich für mehr Zusammenarbeit unter den Kirchen. Angesichts eines zunehmenden Mitgliederschwundes und Relevanzverlustes aller Kirchen - zumindest im Westen - brauche es eine gemeinsame Stimme, um im gesellschaftlichen Diskurs noch gehört zu werden. Die Linzer PRO ORIENTE-Sektion wolle das ihr Mögliche dazu beitragen, vor allem durch ökumenische Begegnungen an der Kirchenbasis.

Internationales Nicäa-Symposion

Am Samstag findet ein weiteres bedeutsames Ereignis in Iznik statt: die Abschlussveranstaltung eines internationalen theologischen Symposions, das sich mit dem Konzil von Nicäa befasst. Aus Österreich nimmt daran die Wiener Nicäa-Expertin und Dekanin der evangelischen-Theologischen Fakultät, Prof. Uta Heil, teil.

Eröffnet wurde die Tagung am Donnerstag in Istanbul von Patriarch Bartholomaios I. Dabei unterstrich der Patriarch in seiner Rede die bleibende Relevanz des Konzils. Zugleich zeigte er sich einmal mehr tief betroffen vom Tod von Papst Franziskus: "Papst Franziskus und ich hätten kommenden Monat so gerne gemeinsam in Nicäa dieses Jubiläum begangen, um damit auch unseren gemeinsamen Willen einer noch stärkeren Zusammenarbeit zu unterstreichen und ein noch glaubwürdigeres christliches Zeugnis in der Welt von heute zu geben", so Patriarch Bartholomaios. Nachsatz: Er vermisse Papst Franziskus sehr.

Die Linzer PRO ORIENTE-Delegation war am Mittwoch mit Patriarch Bartholomaios zusammengetroffen. Am Freitag steht in Istanbul eine Begegnung mit dem armenisch-apostolischen Patriarchen Sahag II. Mashalian auf dem Programm.