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Wien: Dank an Patristik-Expertin und Ökumene-Pionierin Theresia Hainthaler

Festakt und Präsentation einer Festschrift zum 75. Geburtstag der vielfältig engagierten Wissenschaftlerin und Netzwerkerin

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Mit einem Festakt hat die Stiftung PRO ORIENTE am Montag in Wien Prof. Theresia Hainthaler zu ihrem 75. Geburtstag geehrt und zugleich ihr wissenschaftliches Wirken gewürdigt. Beim Festakt wurde auch die Festschrift "Patrologie und Ökumene" präsentiert, an der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus rund 20 Ländern mitgewirkt haben. Die Festschrift zeigt das breite Spektrum und die ökumenische Verbundenheit der wissenschaftlichen Forschung, die Theresia Hainthaler initiiert, angeregt und begleitet hat.

Theresia Hainthaler kenne die patristische Literatur wie keine Zweite, so der Salzburger Ostkirchenexperte und Vorsitzende der dortigen PRO ORIENTE-Sektion, Prof. Dietmar Winkler, in seiner Laudatio, bei der er zugleich auch Hainthalers menschliche Qualitäten und ihr ökumenisches Engagement würdigte. Die von ihr geleiteten patristischen Tagungen brächten in einzigartiger Weise orthodoxe und katholische Patristikerinnen und Patristiker aus Ost- und Westeuropa zusammen, so Winkler. Hainthaler sei zudem eine wichtige Expertin in den verschiedenen PRO ORIENTE-Dialogen mit den Orientalisch-orthodoxen Kirchen sowie seit vielen Jahren Beraterin der Ökumene-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. Ebenso greife auch das vatikanische Dikasterium für die Förderung der Einheit der Christen immer wieder auf die Kompetenzen Hainthalers zurück.

Am besten verdeutlichte wohl ein kleines Gedankenexperiment Winklers die Verdienste und das Lebenswerk Hainthalers: "Stellen Sie sich doch einmal eine Zeitmaschine vor: Cyrill von Alexandrien, Nestorius von Konstantinopel, Philoxenus von Mabbug, Babai der Große und Leontios von Jerusalem würden in einer gruppendynamischen christologischen Selbsthilfegruppe in der Abgeschiedenheit eines transjordanischen Klosters über ihren Christusglauben diskutieren. Diese Männerwelt wurde 'usque ad nauseam' (Anmk.: "bis zum Erbrechen") diskutieren, wenn sie denn überhaupt aufeinander hörten, und nie verstehen, dass sie mit unterschiedlichen Terminologien das Gleiche meinten und den gleichen Christus als wahren Menschen und wahren Gott bekennen – käme da nicht Theresia Hainthaler hinzu und würde ihnen ihre eigene christologische Terminologie erklären."

"Viele Schätze gehoben"

PRO ORIENTE-Präsident Alfons M. Kloss dankte der Jubilarin in seinem Grußwort für ihre außerordentlichen wissenschaftlichen und ökumenischen Verdienste. Er hob Hainthalers Forschung an den patristischen Texten, "verbunden mit dem Aufbau und der Pflege lebendiger Beziehungen zu den heute lebenden Vertreterinnen und Vertretern unserer östlichen Schwesterkirchen" hervor. Und Kloss fügte dabei in Richtung der Jubilarin hinzu: "Sie haben dabei so viele Schätze gehoben und uns reichhaltige theologische Erkenntnisse vermittelt!"

Der besondere Dank der Stiftung gelte Hainthalers Übernahme der wissenschaftlichen Leitung der ökumenischen Tagungen von Patrologinnen und Patrologen aus unterschiedlichen Kirchen im Jahr 2006, die seit 2001 in regelmäßigen Abständen von meist 2 oder 3 Jahren stattgefunden haben und weiterhin stattfinden. Im Jahr 2017 wurde Hainthaler zum Ehrenmitglied des Kuratoriums der Stiftung PRO ORIENTE ernannt, "als erste Theologin überhaupt", wie Kloss unterstrich.

Syrische poetische Theologie

Den Festvortrag des Abends hielt der Metropolit und Patriarchalvikar der syrisch-orthodoxen Diözese der Niederlande, Mor Polycarpus Augin Aydin. Er skizzierte die Entstehungsgeschichte verschiedener syrischer Bibelübersetzungen mit der Peschitta an erster Stelle. Die Peschitta ist die verbreitetste Bibel des syrischen Christentums, die in den ersten Jahrhunderten entstanden ist. Zeitgleich entstanden freilich mehrere verschiedene syrische Übersetzungen, die im Nahen Osten weite Verbreitung fanden.

Mor Polycarpus verdeutlichte zudem in seinen Ausführungen, dass es mit dem syrischen Christentum auch eine dritte Art von Theologie neben den lateinischen und griechischen Traditionen gab und gibt. Er bezeichnete die syrische Theologie als "poetische Theologie" und illustrierte dies anhand einiger ausgewählter syrischer Theologen, darunter Ephrem der Syrer und Jakob von Sarug.

Ephrem der Syrer (gest. 373) gilt als der eleganteste und größte unter allen syrischen Autoren. Er war als Exeget, Dichter und Prediger einer der fruchtbarsten syrischen Schriftsteller und eine der universalen Gestalten des gesamten Christentums, weist dabei aber kaum Berührungspunkte mit dem Denken der griechisch-lateinischen Theologie auf. Ephrem sah Theologie vor allem als Anbetung und nicht als Sache des Verstandes und philosophischer Begriffe. So entwarf er eine poetische Theologie mit einem schier überwältigendem Sprach- und Bilderreichtum.

Jakob von Sarugh (gest. 521) war ebenfalls ein bedeutender und fruchtbarer Schriftsteller, der sich dem Erbe Ephrems verpflichtet wusste. Er hinterließ eine große Anzahl von Vershomilien zu biblischen, asketischen und liturgischen Themen. Wie Ephrem wandte sich auch Jakob gegen eine rein begriffliche Abstraktion des Glaubens und bediente sich einem reichen Repertoire an Symbolen und Metaphern.

Neue Publikationen

Die Festschrift "Patrologie und Ökumene" wurde vom deutschen Fundamentaltheologen Prof. Peter Knauer, der in Dresden lehrenden Kirchengeschichtlerin Prof. Andrea Riedl und Prof. Winkler herausgegeben. Als Titel für die Festschrift hätten die Herausgebenden zwei Pole gewählt, die das wissenschaftliche und kirchliche Wirken Theresia Hainthalers ausmachen: "Patrologie und Ökumene", wie Prof. Riedl bei ihrer Präsentation der Festschrift erläuterte. Grußworte der Kardinäle Kurt Koch, Walter Kasper und Christoph Schönborn, von Bischof Gerhard Feige sowie vom Katholikos-Patriarchen der Assyrischen Kirche des Ostens, Mar Awa III., und dem Metropoliten Job von Pisidien (Ökumenisches Patriarchat) führen in den Band ein.

Prof. Hainthaler zeigte sich in ihren Dankesworten nicht nur "dankbar und beschämt" ob der Festschrift und der zahlreichen Würdigungen, sondern präsentierte - typisch für sie - auch gleich eine eigene neue Publikation: den neuen Band aus der Monumentalreihe "Jesus der Christus im Glauben der Kirche", der sich mit der Kirche in Persien beschäftigt. Ziel der noch nicht abgeschlossenen Gesamtreihe ist es, umfassend alle christlichen Schriften und Autoren im Blick auf ihren Ausdruck des Christusglaubens zu untersuchen.

Mathematikerin und Theologin

Theresia Hainthaler wurde am 19. November 1947 in München geboren. Von 1972 bis 1975 war sie wissenschaftliche Assistentin am mathematischen Institut der Universität München. Von 1975 bis 1979 arbeitete sie als wissenschaftliche Assistentin am Fachbereich Mathematik an der Freien Universität Berlin.

An der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen war sie von 1984 bis 1985 wissenschaftliche Assistentin bei Ludwig Bertsch. Anschließend (von 1986 bis 1994) arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Dogmen- und Konziliengeschichte bei Alois Grillmeier. 1994 übernahm sie von Grillmeier die Verantwortung für das Forschungsprojekt "Jesus der Christus im Glauben der Kirche". Von 2007 bis 2016 lehrte sie als Honorarprofessorin dieser Hochschule Christologie der Alten Kirche und Theologie des Christlichen Ostens.

Hainthaler ist Mitglied mehrerer ökumenischer Kommissionen für den Dialog der Römisch-katholischen Kirche mit verschiedenen Ostkirchen. In Anerkennung ihres wissenschaftlichen Engagements für die Ökumene erhielt sie im Jahr 2013 die Ehrendoktorwürde der Universität Freiburg (Schweiz).