Syrien: Erster christlicher Gottesdienst in Islamistenprovinz Idlib seit 10 Jahren
Islamistische "Tharir el Sham"-Miliz, die sich gemäßigteres Image verpassen will, gestattet Liturgie in armenisch-apostolischen Kirche St. Anna in der Nähe des Dorfes Yacoubia
In der von überwiegend islamistischen Rebellen (mit Unterstützung der Türkei) kontrollierten Provinz Idlib in Syrien hat dieser Tage in einer Kirche, die seit zehn Jahren geschlossen war, wieder ein Gottesdienst stattgefunden. Das berichtete der vatikanische Fides-Pressedienst unter Berufung auf die Zeitungen "Al Monitor" und "Independent Arabia". Der Gottesdienst fand demnach Ende August in der armenisch-apostolischen Kirche St. Anna in der Nähe des Dorfes Yacoubia statt.
Vor Kurzem wäre ein solcher Gottesdienst noch undenkbar gewesen. Noch im Frühjahr berichtete beispielsweise die deutsche "Gesellschaft für bedrohte Völker" (GfbV), dass sich die islamistischen Gruppen in Idlib maßgeblich durch das Eigentum geflohener oder vertriebener Christen finanzieren würden. So seien Häuser der christlichen Minderheit in der nordsyrischen Provinz Idlib von Islamisten übernommen worden und würden nun von diesen zu hohen Preisen an syrische Familien vermietet. Die Islamisten werden den Angaben der GfbV zufolge von der Türkei und Katar unterstützt, finanziert und teilweise gesteuert.
Am 19. Juli hatte nun aber der Anführer der "Tahrir al Sham"-Miliz, Muhammad al Jawlani, dessen Rebellengruppe in der Vergangenheit unter dem Namen "Jabhat al Nusra" bekannt war, sich mit Vertretern der christlichen Gemeinde getroffen, deren Mitglieder noch in den Dörfern Qunaya, Yacoubia und al-Jadida leben, und hatte angekündigt, ihre liturgischen Feiern unter seinen "Schutz zu stellen". Gleichzeitig wurde die schrittweise Rückgabe von Eigentum in Aussicht gestellt, das in den letzten Monaten und Jahren beschlagnahmt wurde.
Die Kämpfer der "Tharir el Sham"-Miliz - so berichteten lokale Quellen - errichteten während des Gottesdienstes Straßensperren in der Nähe des Dorfes, um den friedlichen Ablauf der Liturgie zu gewährleisten.
Das Vorgehen von al Jawlani wurde von salafistisch-islamistischen Gruppierungen wie "Hurras al Din", die immer noch ausdrücklich mit Al-Kaida in Verbindung stehen, kritisiert, die dem Rebellenführer vorwerfen, die Provinz Idlib dadurch "weniger muslimisch" zu machen.
Beobachter sehen in der neuen Strategie der "Tahrir al-Scham"-Miliz den Versuch, ihr Image zu verbessern und ihre erklärte "gemäßigte Wende" international zu beweisen.