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Salzburg: Kirche muss synodale Möglichkeiten besser nützen

Auftaktveranstaltung zur Salzburger Vortragsreihe "Gemeinsam unterwegs: Synodalität als Möglichkeitsraum" - Prof. Winkler über die Spannung zwischen Primat und Synodalität sowie Versäumnisse auf regionaler und weltkirchlicher Ebene

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Mit der Vortragsreihe will die Fakultät den Synodalen Prozess in der Katholischen Kirche, der Teil der Weltbischofssynode 2023 ist, auf wissenschaftlichem Niveau und mit ökumenischen Perspektiven begleiten und bereichern. PRO ORIENTE ist Mitveranstalter der Vortragsreihe.

Synodalität bedeute, gemeinsam einen Weg zu gehen, so Dekan Michael Zichy in seinen Grußworten: "Und was macht man normalerweise, wenn man miteinander geht: Man kommt ins Reden, man spricht miteinander, man tauscht sich aus, man hört zu, was der jeweils andere zu sagen hat." Und wenn man etwas länger miteinander gehe, "dann kommt man ganz von selbst einmal auf die Themen, die einem am Herzen liegen und einen im Innersten berühren"

Ziel des synodalen Prozesses sei es, allen Gläubigen Gelegenheit zu bieten, "aufeinander und auf den Heiligen Geist zu hören", wie es Papst Franziskus formuliert habe. Und daher seien auch alle Gläubigen, alle Gemeinden und Diözesen, aber auch Ordensgemeinschaften, Kurienbehörden, katholische Vereinigungen, Gemeinschaften und katholische Fakultäten aufgerufen, jeweils für sich einen solchen synodalen Prozess zu unternehmen. Zichy fügte hinzu, dass der synodale Prozess mit der Bischofssynode kein Ende finde. Letztere sei nur ein vorläufiger Endpunkt, "denn der Prozess selbst soll damit nicht abgeschlossen, sondern er soll vielmehr verstetigt werden".

Sichtbare synodale Strukturen notwendig

"Synodalität ist das Wesen der Kirche als Gemeinschaft, sie drückt die vom Geist bewirkte Einheit in der Vielfalt aus", betonte Prof. Dietmar Winkler in seinem Vortrag. Daher sei es auch notwendig, "dass die Kirche als sichtbare Gemeinschaft synodale Strukturen auf allen Ebenen hat". Vielfach seien diese Strukturen in der katholischen Kirche auch schon vorhanden, würden zum Teil aber viel zu wenig genützt, so der Befund des Theologen. Winkler ist u.a. Synodalitätsbeauftragter der Theologischen Fakultät Salzburg und Vorsitzender der Salzburger PRO ORIENTE-Sektion.

Auf Diözesanebene gebe es Priesterräte, Diözesanräte bzw. Pastoralräte und Diözesansynoden. Tatsächlich habe es aber seit den Diözesansynoden der 1970er-Jahre in Österreich keine solchen mehr gegeben – es wurde auf dieses synodale Element verzichtet. Eine Problematik liegt für Winkler auch darin, dass der einzige Gesetzgeber einer Diözesansynode der Diözesanbischof ist; die anderen Mitglieder der Synode hätten nur beratende Stimme. Gemeinsame Entscheidungsfindungsprozesse, Partizipation und Subsidiarität würden de facto nicht gelebt, bemängelte Winkler: "Hier zeigt sich das Problem und die Spannung zwischen Primat und Synodalität."

Die Problematik liege insbesondere darin, "dass ein Ignorieren gemeinsam angeeigneter Ergebnisse bzw. eine nicht erfolgte oder eine allzu zögerliche Umsetzung von Ergebnissen, sofern eine lokale oder regionale Implementierung möglich ist, unter den Gläubigen Frustrationen und Vertrauensverlust ergeben". Die Folge sei eine weitere Erosion der Kirche. Dies seien auch die Erfahrungen von synodalen Prozessen, wie etwa des seinerzeitigen Dialogs für Österreich.

Auf regionaler Ebene gebe es gemäß Kirchenrecht Provinzial- und Plenarkonzile. Ein Plenarkonzil ist ein Konzil für alle Kirchen derselben Bischofskonferenz. Das Provinzialkonzil betrifft eine Kirchenprovinz. Beide Arten von Konzilien umfassten grundsätzlich einen breiteren Querschnitt von Laien, Orden und Klerikern. In Österreich werde freilich nur die Bischofskonferenz als synodales Element aktiv. "Die Bischöfe beraten und entscheiden allein und unter sich und haben bisher die Notwendigkeit der synodalen Möglichkeiten von Provinzial- und Plenarkonzilen noch nicht erkannt", so der Theologe, der von einem "Versäumnis" sprach.

Volk Gottes in Bischofssynode einbeziehen

Versäumnisse zeigten sich auch bei der Institution der Bischofssynode, die als Zeichen der Kollegialität des Zweiten Vatikanischen Konzils von Papst Paul VI. 1965 als ständige Einrichtung ins Leben gerufen wurde und etwa alle zwei bis drei Jahre einberufen wird. Grundsätzlich gebe es immer eine Vorbereitungsphase, in der die Konsultation des Volkes Gottes zu den vom Papst vorgegebenen Themen stattfindet, dann die Versammlung der Bischöfe und schließlich die Umsetzungsphase, in der die Schlussfolgerungen der Synode von den Ortskirchen rezipiert werden.

Bis zur Familiensynode habe es 13 ordentliche und zwei außerordentliche Bischofssynoden gegeben, die allerdings weithin ohne nennenswerte Resonanz blieben, kritisierte Winkler. Den Grund dafür ortete er in Versäumnissen in den Verläufen und in der Einbindung des Volkes Gottes in den Ortskirchen: "All die Bischofssynoden zu diversen Themen sind unter den Gläubigen unbekannt. Zumeist wurde einfach ein Vertreter der jeweiligen Bischofskonferenz entsandt, ohne grundlegende Information oder gar Konsultation des Volkes Gottes. Damit bleibt die Synode Makulatur, nutzlos und bedeutungslos." Denn sowohl der Vorbereitungsprozess, also die Konsultation weiter Kreise der Gläubigen, als auch der Rezeptionsprozess und damit die Umsetzung und Implementierung der Ergebnisse, seien wesentliche Bestandteile einer Synode. "Ohne Vorbereitung und Umsetzung hat sie eigentlich gar nicht stattgefunden", so das überspitzte Fazit des Theologen. Das solle sich nun freilich mit der aktuellen Bischofssynode bzw. dem synodalen Prozess ändern.

Aufbruchsstimmung in den Diözesen

Prof. Roland Cerny-Werner hat sich im Rahmen seiner Habilitation intensiv mit den Diözesansynoden in Salzburg, Linz und Wien auseinandergesetzt. Die unmittelbar erste nachkonziliare Ära (1965-1978) sei gekennzeichnet gewesen von einer Aufbruchsstimmung in den Diözesen, die in der Kirchengeschichte ihresgleichen suche, so der Theologe. Der ausgeprägte Gestaltungswille des Klerus und der Laien als übergreifendes Merkmal dieser Synoden habe eine Dekade der Kirchengeschichte geprägt, "die als Spannungsfeld protodemokratischer Mitbestimmung in der Kirche und der immer wieder durchschlagenden Jurisdiktionsvollmacht der Diözesanbischöfe beschreibbar scheint".

Cerny-Werner analysierte die Diözesansynoden in Österreich als Orte, die ausgesprochen intensiv vom Partizipationswillen aller Akteure geprägt waren, die sich sehr aktiv den kirchen- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Zeit stellten. Die Synoden seien "Orte der aktiven Teilhabe des gesamten pilgernden Volkes Gottes" gewesen, so Cerny-Werner.

In allen betroffenen Diözesen seien etwa umfangreiche empirische Befragungen aller Diözesanangehörigen und in Linz sogar aller Einwohner der Diözese, also auch der Nicht-Katholiken, durchgeführt worden. Es habe eine ungeahnte und später nie wieder erreichte Beteiligung gegeben: Zwischen 25 und 35 Prozent der versendeten Umfragebögen wurden in Salzburg, Wien und Linz zurückgesendet - eine geradezu sensationelle Rücklaufquote empirischer Evaluationen, wie Cerny-Werner hervorhob. Seine Habilitation wurde 2021 unter dem Titel "Das Konzil kommt unten an. Diözesansynoden in Österreich (Salzburg - Wien - Linz)" veröffentlicht.

Infos zur Vortragsreihe, die am 5. April mit der Regensburger Ökumene-Expertin Prof. Andrea Riedl und dem orthodoxen Theologen Prof. em. Grigorios Larentzakis fortgesetzt wird, finden sich unter: https://www.plus.ac.at/theologie