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Ökumene-Expertin: Pandemie hat zu neuem "Wir-Gefühl" unter Kirchen geführt

PRO-ORIENTE-Vorstandsmitglied Prof. Andrea Riedl stellt auf theologischer Feuilleton-Website feinschwarz.net neues Ökumene-Dokument des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen vor

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Wie sich die Pandemie auf die Ökumene auswirkt, hat ein neues Dokument des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen zum Inhalt. Das Papier mit dem Titel „Ecumenism in a Time of Pandemic: From Crisis to Opportunity“ (Ökumene in Zeiten der Pandemie: von der Krise zur Chance) wurde Ende Jänner vorgestellt, die Ökumene-Expertin Prof. Andrea Riedl hat es in einem Beitrag für die theologische Feuilleton-Website feinschwarz.net vorgestellt.

Im Jänner 2021 wurden die Ökumene-Beauftragten aller katholischen Bischofskonferenzen weltweit inklusive der katholischen Ostkirchen gebeten, anhand eines Fragebogens Stellung zu nehmen zur Situation ihrer Ortskirchen seit dem Ausbruch der Pandemie. In vielen Regionen hätten sich positive Impulse für die Ökumene ergeben, bringt Riedl eine wesentliche Erkenntnis des Dokuments auf den Punkt.

Im Fokus der Befragung standen die ökumenischen Kontakte und Initiativen als Brücke und Hilfestellung vor dem Hintergrund der gemeinsamen Bedrohung, die für alle Kirchen und Gemeinschaften ähnliche Fragen mit sich brachte, wie Riedl erläutert. Dabei ging es etwa um folgende Fragen: „Wie können Liturgie und Sakramente unter Vorgabe des ‚social distancing‘ gefeiert und angeboten werden? Wie kann Verkündigung und Seelsorge angemessen geschehen? Wie kann Religionsfreiheit angesichts restriktiver Maßnahmen im Gesundheitswesen bewahrt bleiben? Was bedeutet der Einbruch der Pandemie theologisch?“ Oder: „Welche konkrete Unterstützung benötigen einzelne bi- und multilaterale Dialoge, um fortgesetzt zu werden? Wo sind der digitalen Kommunikation Grenzen gesetzt?“

Aus den eingetroffenen Rückmeldungen, die von etwa zwei Dritteln der adressierten Gremien kamen, habe sich in der Grundtendenz eine pastoral-praktische Herangehensweise ergeben, ergänzt um einige theologische Themen, deren (z.T. zukünftige) Brisanz im Dokument allerdings lediglich umrissen wird.

Erfahrungen des „being one family“

Als positiv und geradezu als ökumenischer Aufbruch habe sich in vielen Regionen ein neues Wir-Gefühl erwiesen, so Riedl. Die Erfahrungen des „being one family“ (eine Familie zu sein), der gegenseitigen Unterstützung in ebenso pragmatischen wie geistlichen Angelegenheiten und das Bewusstsein von „shared vulnerability“ (geteilter Verwundbarkeit) habe die Kirchen näher zueinander gebracht „und sie bisweilen sogar veranlasst, füreinander nach außen hin einzustehen“. Diese Gegenseitigkeit sei mit einem wachsenden Interesse am Gegenüber einhergegangen, das in der Ökumene als ihr vielleicht kleinster, aber wichtigster Baustein bezeichnet wird: „das gegenseitige Kennenlernen und Erfahren, wie Ritus und Liturgie, wie Pastoral und Seelsorge, wie Gemeinschaft gelebt wird - allerdings in einer Zeit, in der die Grundvollzüge kirchlichen Lebens auf das jeweils unaufgebbare Minimum reduziert gelebt werden (müssen)“.

Bereits hier zeigten sich, so Riedl, große Herausforderungen für die Zukunft, „weil sowohl das Kennenlernen von außen wie auch das kirchliche Leben selbst sich zu einem großen Teil in den digitalen Raum verlagert haben, der als solcher zwar exzessiv genutzt, aber noch wenig (theologisch) reflektiert ist“.

Wo ökumenische Kontakte und Bande bereits vor der Krise bestanden, seien sie großteils als tragfähig und belastbar empfunden worden, wohingegen sich kaum neues aufeinander Zugehen ereignete, das nicht bereits vorher grundgelegt war. Verschiedenste Formen des gemeinsamen Betens, eine Neubetonung des Wortes und der Verkündigung, das Gewicht einer „common voice of unity“ (gemeinsamen Stimme von Einheit) besonders vor zivilen Autoritäten und deren gelegentliche Insensibilität für Fragen der Religionsausübung sowie karitative Initiativen und Projekte hätten – mehr auf lokaler als auf universaler Ebene – ökumenisch orientierte Träger und Ausführende gefunden.

Digitaler Raum als Begegnungsraum

Mehr denn je werde durch das Dokument auch deutlich, dass die Communio-Theologie in Zukunft die virtuelle Community zu berücksichtigen habe, die den digitalen Raum von einer Informationsressource hin zu einem Begegnungsraum, die analoge Realität hin zu neuer digitaler Normalität gestaltet hat, so Riedl. Entlang der Frage einer „in-absentia Partizipation“ sowohl an der Liturgie als auch an ökumenischen Dialogen und Prozessen werden, wie Riedl erläutert, zum Schluss des Dokuments Themen in großer Fülle aufgezeigt, die – als Sammlung kontextgebundener Stimmen der katholischen Ökumene – „geradezu ein Arbeitspapier für Theologie und Kirchen an der (so hoffen wir) Schwelle zur post-pandemic world darstellen“.

Die österreichische Ökumene- und Ostkirchenexpertin Andrea Riedl hat derzeit den Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an der Universität Regensburg inne. Sie ist u. a. Mitglied des PRO ORIENTE-Vorstandes und für den „PRO ORIENTE Summer Course“ mitverantwortlich.