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Ökumene-Experte: Bemühen um gemeinsames Osterdatum verstärken

Grazer Liturgiker Groen bei Vortrag in Salzburg: Ohne echte ökumenische Gesinnung wäre aber auch ein gemeinsames Osterdatum sinnlos

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Ein eindringliches Plädoyer für ein gemeinsames Osterdatum aller Kirchen hat der Grazer Liturgie- und Ökumene-Experte Prof. Basilius Groen gehalten. Die Suche nach einem gemeinsamen Datum könne wesentlich zur ersehnten kirchlichen Einheit beitragen, zeigte sich Groen bei einem Vortrag an der Universität Salzburg überzeugt. Einen Automatismus gebe es freilich nicht. Dem Bemühen um ein gemeinsames Datum müsse echtes ökumenisches Interesse vorausgehen bzw. zugrunde liegen, sonst wäre auch ein gemeinsames Datum letztlich sinnlos, so Groen, der in diesem Zusammenhang auch den niederländischen Liturgiewissenschaftler P. Thomas Pott zitierte.

Groen referierte im Rahmen einer Vortragsserie zum Konzil von Nicäa (Nizäa). Veranstalter der Serie ist die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Salzburg in Kooperation mit der Salzburger PRO ORIENTE-Sektion.

Ein gemeinsamer Ostertermin würde nicht nur den innerchristlichen Zusammenhalt fördern, sondern würde auch als Zeichen der Einheit gegenüber Anhängern anderer Glaubensrichtungen und Weltanschauungen wirken; etwa gegenüber Muslimen und Juden im Nahen Osten, in deren Mitte ein vielfältiges Spektrum von vergleichsweise kleinen christlichen Gemeinschaften lebt. Zudem gebe es in diesem Teil der Welt eine hohe Zahl gemischter, interkonfessioneller Ehen. Für die betroffenen Paare und Familien sei die Vorschrift, unterschiedliche Kalender für die großen Feste zu verwenden, äußerst unpraktisch, während gemeinsame Daten das Familienleben erleichtern würden. Daher sei die Suche nach einem gesamtchristlichen Osterdatum gerade im Nahen Osten noch dringlicher als anderswo.

Ein gemeinsamer Osterzyklus bedeute auch, "dass die östliche und die westliche Christenheit ihre liturgisch-theologischen Schätze und ihre eindrucksvollen Gottesdienste während der Fastenzeit, der Karwoche, Ostern und den fünfzig Tagen bis Pfingsten besser teilen können". Jedenfalls zeige ein gemeinsames Osterdatum die äußerst signifikante theologische Dimension eines gemeinsamen kirchlichen Zeugnisses von der Auferstehung Jesu, so Groen.

Abgrenzung zu Judentum und "Quartodecimanern"

Der Grazer Liturgiker ging in seinem Vortrag auch ausführlich auf die Bemühungen und Konflikte rund um die Bestimmung des Osterdatums ein. Die Konzilsväter in Nicäa 325 legten fest, dass die gesamte Christenheit das Osterfest am gleichen Tag feiern sollte. Dieser "gleiche Tag" stellte sich schließlich als der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche heraus. Groen: "Da wir aber die Konzilsakten von Nizäa, die jeden diesbezüglichen Zweifel ausschließen hätten können, nicht besitzen, muss das Ergebnis der Versammlung aus anderen Quellen rekonstruiert werden." Von besonderer Bedeutung sei Kaiser Konstantin, der nicht nur das Konzil einberief und teilweise den Vorsitz innehatte, sondern nach der Versammlung auch einen "Brief an die Kirchen" schrieb. Groen: "In diesem von antijüdischen Beschimpfungen geprägten Schreiben verpflichtete er alle Kirchen, Ostern am selben Tag zu feiern und sich nicht nach der jüdischen Berechnung zu richten."

Hintergrund waren die Gemeinden der "Quartodecimaner". Das waren mit der johanneischen Tradition verbundenen Gemeinden der Urkirche, die Ostern zu Beginn des jüdischen Pessach-Festes feierten. Das Pessach-Datum - der 14. Tag des jüdischen Monats Nissan - wird nach dem Mondkalender ermittelt; es liegt immer nach dem ersten Frühlingsvollmond. Die "Quartodecimaner" (auf Deutsch "Vierzehner") feierten damit auch oft das Osterfest nicht an einem Sonntag. Das Konzil von Nicäa läutete die endgültige Niederlage der quartodecimanischen Praxis ein.

Offenbar argumentierten laut Groen auch die nicänischen Konzilsväter selbst, dass die christliche Berechnung des genauen Osterdatums nicht von der jüdischen Berechnung des Pessachfestes abhängen dürfe. In späteren Jahrhunderten sei die letztgenannte Begründung aber bedauerlicherweise so verstanden worden, dass Nicäa jeglichen jüdischen Einfluss ausschloss, "obwohl die Konzilsväter in diesem Fall nur eine zwingende Abhängigkeit von der damals ungenauen jüdischen Berechnung zugunsten eines korrekteren Verfahrens verhindern wollten".

Noch in der Spätantike habe nämlich in Bezug auf die jüdische Zeitrechnung, einschließlich des Pessach-Datums, eine große Vielfalt vorgeherrscht. Diese habe sich erst allmählich zu einem einheitlichen und normativen rabbinischen Kalender entwickelt, der seit dem zehnten Jahrhundert verwendet wurde. Die Vielfalt der Daten und die damit verbundene Unsicherheit habe also lange Zeit nicht nur die Christen, sondern auch die Juden und ihre Festsetzung des Pessach-Datums betroffen, so Groen.

Nicäa löste nicht alles

Alexandrien mit seinen bekannten Astronomen war im vierten Jahrhundert das wichtigste Zentrum für die Berechnung der Osterdaten nach dem nicänischen System und erhielt dafür vom Konzil auch das Mandat. Berechnungen seien aber nicht nur in Alexandrien angestellt worden. So hab es auch weiterhin Abweichungen bei der Berechnung des Osterdatums sowie unterschiedliche Zeitpläne (sogenannte "paschalia") für die Ostertermine gegeben, wie Groen erläuterte. Rom, Irland und Gallien hielten lange Zeit an ihren eigenen Berechnungsweisen fest und folgten erst viel später Alexandrien. Selbst die neue Reichshauptstadt Konstantinopel verwendete eine Zeit lang ein anderes Berechnungssystem als die ägyptische Metropole.

Groen: "Laut Alexandrien fiel die Frühlings-Tagundnachtgleiche auf den 21. März, laut Rom auf den 25. März. Auch auf die Frage, was zu tun sei, wenn der Vollmond auf einen Sonntag fällt, ob man Ostern am selben Tag feiern oder auf den nächsten Sonntag verschieben soll, gab es keine einheitliche Antwort." Im Jahr 387 zum Beispiel sei das Osterfest in Gallien am 21. März, in Rom am 18. April und in Norditalien (mit Mailand als Zentrum) und Alexandrien am 25. April gefeiert worden.

Natürlich habe es im ersten und zum größten Teil auch im zweiten Jahrtausend noch keine modernen Kommunikationsmittel gegeben. "Wenn die Experten in Alexandrien und Jerusalem den Vollmond und - im Hinblick auf das jüdische Pessachfest - die neue Mondsichel bestimmt hatten, bedeutete dies nicht, dass die Menschen anderswo sofort Bescheid wussten", so Groen. Aus diesem Grund erwiesen sich die "Osterbriefe", die die Kirchenführer austauschten, und die zuvor erwähnten "paschalia" als wichtige Quellen, um bis zu einem gewissen Grad Gewissheit zu erlangen. Groen: "Im Großen Palast von Konstantinopel gab es einen Raum, in dem die Ostertermine aufgeschrieben waren, so dass der Kaiser, seine Höflinge und andere Personen sehen konnten, auf welche Daten Ostern in Zukunft fallen würde."

So hilfreich diese Tabellen und die Osterbriefe auch gewesen sein mögen, sie hätten die bestehenden interregionalen Unterschiede nicht gänzlich aufheben können, wie der Experte weiter ausführte. Im siebten und achten Jahrhundert sei es beispielsweise in Großbritannien und Irland häufig zu klösterlichen und bischöflichen Streitigkeiten über die Genauigkeit der Methode und der Kriterien für die Berechnung des Osterdatums gekommen.

Manchmal seien auch Treffen prominenter Astronomen und anderer Gelehrter abgehalten worden, um Kalenderfragen zu erörtern, darunter auch das Osterdatum. Im Jahr 809 fand beispielsweise ein solches Treffen in Aachen statt, einem wichtigen kulturellen, kirchlichen und politischen Zentrum des Frankenreichs.

Fazit Groens, der abschließend auch über modernere Versuche der Harmonisierung des Osterdatums referierte: "Die Geschichte der Bemühungen um ein gemeinsames Osterdatum ist höchst komplex und vielstimmig." Viele hätten inzwischen aufgegeben, zahlreiche andere hingegen folgten dieser ökumenischen Vision nach wie vor.

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