Kardinal Koch: „An Ökumene führt kein Weg vorbei“
Kardinal Koch bei Europäischer Ökumenischer Versammlung in Graz
Am 10. Juni 2022 war Kurienkardinal Koch als Präsident des vatikanischen Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen aus Anlass des 25-Jahr-Jubiläums der II. Europäischen Ökumenischen Versammlung zu Gast in Graz, um über die „ökumenischen Herausforderungen in Europa heute“ zu sprechen. In seinem Vortrag verwies der Kardinal auf das Jahr 1054 mit der gegenseitigen Exkommunikation der Kirchenoberhäupter von Rom und Konstantinopel. Die danach erfolgte langsame Trennung von Ost- und Westkirche sei aber nicht, wie der Grazer orthodoxe Theologe Prof. Larentzakis eindrucksvoll dargelegt habe, als Schisma im eigentlichen Sinn zu verstehen. Auch Martin Luther sei es im 16. Jahrhundert nicht um eine Kirchenspaltung, „eine Reformation im Sinne der mit ihr schließlich zerbrochenen Einheit der Kirche gegangen“, sondern um eine durchgehende Reform der Kirche, eine Rückkehr zum Evangelium. Die Konsequenz seien allerdings blutige Glaubenskriege und eine Entfremdung unterschiedlicher christlicher Strömungen gewesen.
Das Ergebnis sei eine Christenheit, die sich über die Jahrhunderte auseinandergelebt habe. Während in der Westkirche Staat und Kirche zwar partnerschaftlich handeln, aber grundsätzlich getrennt seien, dominiere in der Ostkirche eine Verbindung zwischen Kirche und Staat, mitunter mit nationalistischen Tendenzen. Das führe so weit, dass der Moskauer Patriarch Kyrill es „wagt, den Krieg in der Ukraine religiös zu motivieren“. Das sei eine absolut unverständliche Position, so Kardinal Koch.
Die ökumenische Bewegung sieht der Kurienkardinal als „einen Leuchtturm in einer blutgetränkten Umgebung“. Es sei die Aufgabe aller christlichen Kirchen, die Einheit wiederherzustellen, die Jesus Christus vorgelebt und sich gewünscht habe. Diese Einheit habe kulturelle Wurzeln. Der christliche Glaube habe das Beste aus der griechischen und der römischen Kultur zusammengeführt und mit den geistlichen Traditionen Israels bereichert. Das Ergebnis sei die Ehrfurcht vor der Menschenwürde, die Achtung der Menschenrechte, ja die Humanität schlechthin.
Auf dem Weg zu mehr Einheit hofft der Kardinal auf zwei Jubiläen: 2025 werde der 1.700. Jahrestag des Konzils von Nizäa begangen, das wegweisend für die gesamte Christenheit war. Und 2030 folge der 500. Jahrestag des Augsburger Bekenntnisses, bei dem es um die Versöhnung und Bewahrung der Einheit gegangen sei. Jedenfalls führe an der Ökumene kein Weg vorbei. „Sie ist notwendig für die Glaubwürdigkeit der Kirche und entspricht dem Willen Gottes“, so Kardinal Koch.