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Istanbul: Österreich-Delegation bei Patriarch Bartholomaios

Ökumenischer Patriarch empfing am Mittwoch Bischof Scheuer und Oberösterreichs Altlandeshauptmann Pühringer - Einsatz für gemeinsamen Ostertermin, Gedenken an Papst Franziskus und zum Abschluss ein Erdbeben dominierten die Begegnung

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Der orthodoxe Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. hat in Istanbul den Linzer Bischof Manfred Scheuer und den oberösterreichischen Altlandeshauptmann und Linzer PRO ORIENTE-Obmann Josef Pühringer empfangen. Die beiden leiten eine PRO ORIENTE-Delegation, die sich derzeit zu ökumenischen Gesprächen und Begegnungen in Istanbul aufhält.

Die Delegation nahm am Mittwoch an den Patroziniumsfeierlichkeiten in der Georgskathedrale im Phanar, dem Amtssitz des Ökumenischen Patriarchen teil. Die Liturgie wurde von Metropolit Emmanuel (Adamakis) von Chalcedon geleitet. Am Ende des Gottesdienstes ergriff Patriarch Bartholomaios das Wort und rief einmal mehr zu verstärkten ökumenischen Bemühungen auf. Der Einsatz für Versöhnung, Frieden, die Bewahrung der Schöpfung und eine Kultur der weltweiten Solidarität erfordere das gemeinsame Zeugnis und Wirken aller Kirchen.

Tief betroffen zeigte sich der Patriarch auch erneut vom Tod von Papst Franziskus. Er habe persönlich einen engen Freund verloren und auch die orthodoxe Kirche habe einen Freund verloren. Franziskus sei ein Brückenbauer und Kämpfer für Gerechtigkeit und Frieden, für die Armen und an den Rand Gedrängten, für die Bewahrung der Schöpfung und die Würde jedes einzelnen Menschen gewesen. "Unser Bruder Franziskus wird uns als leuchtendes Beispiel in Erinnerung bleiben", so der Patriarch.

Das gemeinsame Osterfest 2025, das die Ost- und Westkirche zugleich feierten, wie auch das 1.700-Jahr-Jubiläum des ersten Konzils von Nicäa (Nizäa) in diesem Jahr seien Anlässe, die nicht vorübergehen dürften, ohne weitere Schritte auf dem Weg hin zur vollen Kircheneinheit zu unternehmen, so Bartholomaios.

Der Patriarch dankte außerdem PRO ORIENTE für den unermüdlichen Einsatz der Stiftung für die Ökumene und würdigte in diesem Zusammenhang u.a. Kardinal Franz König (1905-2004), der die Stiftung in den 1960er Jahren gründete. Patriarch Bartholomaios ist seit Jahrzehnten Ehrenmitglied des Kuratoriums der Stiftung.

Beim Gespräch in den Residenzräumlichkeiten im Phanar tauschten Bartholomaios, Scheuer und Pühringer u.a. Erinnerungen an Besuche des Patriarchen in Österreich aus, so etwa in den Diözesen Innsbruck und Linz. Übereinstimmung herrschte auch darin, dass die Bemühungen intensiviert werden sollten, um künftig einen Modus zu finden, dass wieder alle Kirchen immer zur gleichen Zeit Ostern feiern. Das wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Kircheneinheit, hieß es.

Begegnung von Erdbeben unterbrochen

Bischof Scheuer zeigte sich auch dankbar über die ermutigenden Grußworte, die der Patriarch erst vor Kurzem für ein Symposion in Wien verfasste, bei dem das vermeintliche Schisma von 1054 beleuchtet wurde, das bislang gemeinhin als Zeitpunkt der Kirchenspaltung angesehen wurde. Inzwischen ist allerdings aufgrund neuerer ökumenischer Forschungsansätze klar belegt, dass es damals gar nicht zu einem Schisma im eigentlichen Sinn kam, und dass dies auch für alle vorherigen und folgenden problematischen historischen Ereignisse gesagt werden kann, die die Beziehungen zwischen der östlichen und der westlichen Christenheit belastet haben. Diese Ereignisse, wie auch die von 1054, haben allerdings dazu beigetragen, dass es zu einer tiefgreifenden Entfremdung zwischen den Kirchen im Westen und Osten kam.

Die Begegnung fand ein abruptes Ende, als am frühen Nachmittag ein mittelschweres Erdbeben Istanbul erschütterte und auch die Residenz des Patriarchen durchrüttelte. Schäden am Bauwerk oder verletzte Personen gab es aber nicht.

Besuch anlässlich des Nicäa-Jubiläums

Anlass des Besuchs der österreichischen Delegation in der Türkei ist das 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa. In Nicäa, dem heutigen Iznik in der Türkei, wurde im Jahr 325 das erste für alle Christinnen und Christen verbindliche Glaubensbekenntnis formuliert. Zudem wurde auch die einheitliche Berechnung des Osterdatums festgelegt, die bis ins 16. Jahrhundert hielt. Die PRO ORIENTE-Delegation besucht an diesem Donnerstag auch die historische Stätte des Konzils von 325, ebenso die Hagia Sophia von Nicäa/Iznik, in der 787 das zweite Konzil von Nicäa stattfand. Diese Kirche ist seit 2011 eine Moschee, nachdem sie zuvor viele Jahre als Museum diente.

Am Freitag wird die Delegation zum Abschluss ihres Besuchs noch in Istanbul mit dem armenisch-apostolischen Patriarchen Sahag II. Mashalian zusammentreffen. Der Delegation gehören u.a. auch die oberösterreichische evangelische Superintendentialkuratorin Renate Bauinger und der Linzer PRO ORIENTE-Generalsekretär Florian Wegscheider an.