Einblicke in das erste koptische Frauenkloster in Österreich
Vier Nonnen leben derzeit im St. Anna in Schönfeld im Marchfeld - Die Anforderungen an die Frauen sind hoch, die koptische Kirchenleitung in Ägypten zeigt sich vom Kloster sehr angetan
Wien, 04.01.24 (poi) Die Koptische Kirche feiert - wie viele orthodoxe und orientalisch-orthodoxe Kirchen - am 6./7. Jänner Weihnachten. In Österreich gibt es rund 12.000 koptisch-orthodoxen Christen, wie der aktuellen Ausgabe des PRO ORIENTE-Magazins zu entnehmen ist. Im Magazin wird eine der wesentlichen kirchlichen Einrichtungen der Kopten in Österreich vorgestellt: das koptische Frauenkloster St. Anna in Schönfeld im Marchfeld. Das Kloster sei ein Zeugnis für die Dynamik der Koptisch-orthodoxen Kirche, heißt es.
Es ist das zweite koptische Kloster in Österreich. Bereits Anfang der 2000er-Jahre wurde im nahen Obersiebenbrunn das St. Antonius-Kloster gegründet, in dem derzeit neun Mönche leben. Klöster spielen in der Koptischen Kirche eine größere Rolle als in anderen Kirchen. Der Zustand der Kirche lasse sich am Zustand der Klöster ablesen, heißt es. - Das Mönchs- und Nonnentum erfuhr im Laufe des 20. Jahrhunderts eine starke Wiederbelebung. Die Zahl der Klöster wuchs rasant an, vor allem in Ägypten, aber später auch in der Diaspora.
Das St. Anna Kloster wurde vom koptischen Bischof Anba Gabriel 2020 gegründet und am 2. Juni 2023 von der Synode der Koptisch-orthodxen Kirche offiziell anerkannt. Diese rasche Anerkennung sei bemerkenswert, denn normalerweise dauere es Jahre, bis ein Kloster von der Heiligen Synode anerkannt wird, so Mutter Melania, die Leiterin des Klosters, gegenüber dem PRO ORIENTE-Magazin. Kriterien für eine Anerkennung seien die Anwesenheit einer Nonne, bestimmte Räumlichkeiten wie eine Kirche, Zellen oder ein Gemeinschaftsraum sowie ein regelmäßiger Tagesablauf. Und: Ein Kloster müsse ummauert sein. Das St. Anna-Kloster erfülle all diese Kriterien. Es befindet sich in einem ehemaligen Gasthaus, hat zwei Kirchen und wird derzeit von zwei Nonnen und zwei Novizinnen geführt.
Was zur raschen offiziellen Anerkennung des Klosters sicherlich beitrug, war den Nonnen zufolge die "European Youth Conference" der Koptischen Kirche im Jahre 2022 im St. Antonius-Kloster unweit des St. Anna-Klosters. Bei diesem Anlass besuchte eine Reihe von koptischen Bischöfen auch das St. Anna-Kloster, die dabei ein positives Bild vom Kloster gewinnen konnten.
Waren die Klöster davor ein Zufluchtsort für alte und behinderte Jungfern und Witwen, müssen die Novizinnen heute ein Hochschulstudium vorweisen und bereits gearbeitet haben. Auch können Frauen nur zwischen dem Alter von 22 und 27 Jahren in ein Kloster eintreten, um sicherzustellen, dass sie sich aus freien Stücken für diesen Weg entscheiden und nicht, weil sie keinen Ehemann finden.
Ein Jahr lang dienen die angehenden Nonnen in einem Kloster mit Putzen und anderen sozial negativ behafteten Tätigkeiten, um Durchhaltevermögen und Gehorsam zu erlernen. Diese Probezeit soll auch ermöglichen, in das weltliche Leben zurückkehren zu können, sollte man doch eine andere Berufung haben, so die Leiterin des Klosters.
Der Tagesablauf ist fest geregelt und besteht aus "Beten, Lesen, Arbeiten". Der Tag beginnt um 5 Uhr früh mit dem Mitternachtsgebet und dem Lobgesang. Nach einem vollen Tag findet bereits um 17 Uhr das Abendgebet statt, im Anschluss gibt es Abendessen. Die Gebete werden auf Arabisch, Deutsch und Koptisch gebetet. Für die Liturgie kommen Priester ins Kloster und sonntags nehmen die Schwestern am Gottesdienst im St. Antonius-Kloster teil.
Die koptische Gemeinschaft in Österreich wird seit dem Jahre 2000 von Bischof Gabriel geleitet. Ende der 1990er-Jahre entstand die erste koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich, die Kirche der heiligen Jungfrau von Zeitoun im 22. Bezirk, gefolgt von vier weiteren koptischen Kirchen in Wien. Zudem wurde 2012 in Wien das "Pope Shenouda College" errichtet, das eine orientalisch-orthodoxe theologische Ausbildung anbietet, aber staatlich bisher nicht anerkannt ist. Auch in den anderen Bundesländern gibt es kleinere koptische Gemeinden, wie etwa in Graz, Linz, Bruck/Mur, Klagenfurt und Innsbruck.
Auch die koptische Jugend ist fest in die Kirche integriert, anhand der Pfadfinder und der Sonntagsschulbewegung, die Kinder und Jugendliche vom Kindergartenalter bis 18 umfasst. Der Unterricht in der Sonntagsschulbewegung in Österreich findet inzwischen auf Deutsch statt, wie es im PRO ORIENTE-Magazin heißt.